Behütete Rekruten
Klage gegen Demonstrationsverbot. Verfassungsgericht muss wohl über die Route des Protestes gegen das Bundeswehr-Gelöbnis entscheiden
von MAGDA SCHNEIDER
Die InitiatorInnen der Kundgebung gegen das öffentliche Rekruten-Gelöbnis und den Zapfenstreich auf dem Rathausmarkt am Montag wollen ihr Demonstrationsrecht notfalls vorm Bundesverfassungsgericht erstreiten. Das kündigten gestern Anmelderin Ruth Stieny und ihr Anwalt Andreas Beuth an. Stieny: „Wir wollen auf das Gelöbnis zumarschieren, um gegen die Remilitarisierung des öffentlichen Raums zu protestieren, akzeptieren aber die Bannmeile.“
Für Beuth ist das Vorgehen der Innenbehörde klar verfassungswidrig. „Es gilt faktisch seit zwei Jahren für die City ein Demonstrationsverbot“, klagt Beuth. Die angemeldete Demo über die Mönckebergstraße zum Jungfernstieg sei völlig unproblematisch: „Das war früher die gängige Route einer jeden Demonstration.“ Wenn nun ein Verbot ausgesprochen werde, obwohl die Polizei selbst von einem friedlichen Verlauf ausgehe, und dies mit räumlicher Nähe begründet werde, sei das verfassungswidrig. Denn der entsprechende Artikel im Grundgesetz beinhalte, dass Proteste „hör- und sichtbar für den politischen Gegner“ sein müssten. Beuth: „Von einem unmittelbaren Zusammentreffen kann keine Rede sein, wenn 200 Meter dazwischen liegen.“
Auch die Gewaltprognosen hielten einer Überprüfung nicht stand, so Beuth. So werde ohne jeden personellen Zusammenhang mit Gewalttätigkeiten in Berlin argumentiert oder Gewaltaufrufe in dem Internet-Medium Indymedia zitiert. Gipfelpunkt seien die Ausführungen zum Emblem der Gelöbnis-GegnerInnen, das angeblich zur Sabotage aufrufe. Beuth: „Ich gehe davon aus, dass keine Panzer über den Rathausmarkt rollen – und Glatteis ist auch nicht.“
Wenn das Oberverwaltungsgericht am Wochenende die Demoroute nicht freigibt, wird die unklare Lage erst am Montag durch das Bundesverfassungsgericht geklärt. Was Stieny verwundert: „Die Polizei muss doch auch ein Interesse an einem geordneten Ablauf haben.“