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Archiv-Artikel

Die Organoiden kommen!

Im Frühjahr sind die Raumpiloten in Bremens Zentrum gelandet: Zwischen Wagenfeld-Haus und Weser wachsen Installationen der Gestaltergruppe

Raumpiloten – was für ein Name! Klingt irgendwie nach Science-Fiction. Gemeint ist jedoch nicht die endlose Weite des Alls, sondern jener Raum, mit dem wir täglich umgehen. Und den Namen hat sich eine junge Gruppe von vier Gestalterinnen und vier Gestaltern gegeben.

Fast alle haben sie Architektur studiert. Doch dieses Arbeitsfeld allein schien ihnen zu begrenzt. Innenarchitektur, Lichtkunst, Skulptur, Engineering, und Worte wollen sie interdisziplinär verbinden. Erste Kostproben ihrer Arbeitsweise kann man zurzeit in den Wallanlagen in Augenschein nehmen. Entlang einer gedachten Linie zwischen Wagenfeld-Haus und Weser errichten die Raumpiloten, zeitversetzt sechs Installationen. „Stationen“, so der Titel des Projekts im Umfeld der Doppelausstellung „Die Organische Form“ im Marcks- und Wagenfeld-Haus.

Die organische Formensprache hat in Architektur und Design gerade wieder Konjunktur. Doch die Raumpiloten haben sich nicht von der modischenVorliebe anstecken lassen. Viel stärker interessiert sie die Dialektik von rund und eckig, bewegt und starr. So hatte Jenny Löbert kürzlich im Atrium des Wagenfeld-Hauses drei mit elastischem Stoff bespannte Gebilde platziert. In die konnte man hineinschlüpfen – nicht jedoch ohne sie durch den eigenen Körper zu transformieren. Den selben Ort wird Wolfgang Tobias ab Mitte Juni bespielen: Seine von der Seemuschel abgeleitete spiralige Wandung verrät, dass geometrische Exaktheit auch in der Natur vorkommt. Die Ästhetik der Auflösung von Formen der Natur wiederum thematisierte Torben Pundt mit seiner inzwischen abgebauten Installation aus gepresstem Torf im Hof des Marcks-Hauses.

Wenn organische Formen mit ihren Inspirationsquellen unmittelbar in Kontakt kommen, kann das mitunter auch komische Züge annehmen. Bei der Gezeiteninstallation von Annette Hamm und Jost Herbert ist das der Fall. Zehn Holzstreifen, die durch entsprechende Biegungen Wellenbewegungen simulieren, werden über lange Stahlrohre an der Uferböschung der Weser gehalten. Mit dem Wasserspiegel steigen sie bei Flut. Exklusiv am „Tag der Architektur“, dem 28. Juni, zeigen Nicole Weustink und Bettina Kolodziej in der Rad- und Fußgängerunterführung an der Altmannhöhe eine Installation: Sie verwandeln die 1961 fertig gestellte, schnittig gekurvte und gelblich gekachelte Passage mit sieben inselhaften Objekten.

Eberhard Syring