: ICC-Müller in der Kritik
Grüne: SPD-Fraktionschef schadet Kongressstadt mit „verbaler Abrissbirne“. Erste Messekunden springen ab
Hätte SPD-Fraktionschef Michael Müller geahnt, welche Wirkung sein Plädoyer für den Abriss des Internationalen Congress Centrums haben würde, er wäre vorsichtiger gewesen. Als „verbale Abrissbirne gegen das ICC“ bezeichnete am Montag Jochen Esser, finanzpolitischer Sprecher der Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus, die Aussagen von Müller. Der „unüberlegte“ Vorstoß des SPD-Fraktionsvorsitzenden aus der vergangenen Woche habe „dem Messestandort Berlin geschadet und „Verunsicherung“ bei den Kongressveranstaltern ausgelöst. Esser forderte die rot-rote Landesregierung und insbesondere Wirtschaftssenator Harald Wolf (PDS) auf, die „chaotischen“ Spardebatten zu beenden und ein klares Zukunftskonzept für ein Kongresszentrum zu erarbeiten.
Müller hatte angesichts eines Sanierungsbedarfs des ICC von circa 140 Millionen und jährlichen Instandhaltungskosten von 15 Millionen Euro sowie fehlender öffentlicher Mittel den Abriss verlangt – sollte sich kein privater Investor für die landeseigene Immobile finden. Unterstützung erhielt der SPD-Mann dabei auch von Wolf.
Hintergrund von Essers Kritik ist, dass am Wochenende die Tourismus Marketing GmbH und jetzt auch das ICC Verunsicherung bei Kongressveranstaltern festgestellt haben. Zwei Kunden seien bereits aufgrund der Abrissdebatte abgesprungen. Esser: „Der Senat steht in der Pflicht, den Schaden zu begrenzen, und muss umgehend klarstellen, dass Interessenten in den kommenden Jahren unter allen Umständen ein funktionsfähiges, großes Messe- und Kongresszentrum in Berlin vorfinden werden.“ Andernfalls erleide Berlin als Zentrum für Messen nachhaltigen Schaden, der „angesichts der Wirtschaftskrise eine verheerende Wirkung“ nach sich zöge.
Esser plädierte dafür, zu prüfen, ob durch Modernisierung der Technik eine Kostensenkung möglich sei. Außerdem könne über einen Abriss erst nachgedacht werden, wenn die Stadt ein neues Kongresszentrum vorher errichte. Berlin dürfe es sich nicht leisten, für Jahre ohne großes Kongresszentrum dazustehen.
ICC-Sprecher Michael Hofer sagte der taz, Müllers Aussage sei Wasser auf die Mühlen der Messe-Konkurrenten wie Paris oder Londen. Zudem bilde das ICC mit seiner 75-Prozent-Spitzen-Auslastung einen harten Wirtschaftsfaktor. Ein Abriss schade dem Land Berlin. ROLA