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Verfolgungsjagd per SMS

Innensenator Körting räumt ein, dass die Polizei Verbindungsdaten und Aufenthalt von Verdächtigen über heimliche SMS ausfindig macht. Grüne beklagen fehlende Rechtsgrundlage. Auch PDS skeptisch

von UWE RADA

Was bislang noch nicht mal in einem „Tatort“-Krimi zu sehen war, gehört in Wirklichkeit schon zur Polizeiroutine – die Fahndung per SMS. Schon 99 Mal wurde diese Art Fangschaltung für Handys in Berlin eingesetzt. Dies räumte Innensenator Ehrhart Körting (SPD) in einer gestern bekannt gewordenen Antwort auf eine kleine Anfrage des grünen Fraktionsvorsitzenden Volker Ratzmann ein.

Die Fahndungsmethode ist ebenso einfach wie effektiv. Um mutmaßlichen Straftätern, deren Handynummern der Polizei bekannt sind, auf die Spur zu kommen, senden die Fahnder eine heimliche SMS an das betreffende Handy. Diese Kurzmitteilung taucht auf dem Display des Empfängers nicht auf, stellt aber eine Verbindung zwischen Sender und Empfänger her. Via Netzbetreiber bekommt die Polizei so die aktuellen Verbindungsdaten. Je nach Entfernung des nächsten Sendemastes können die Beamten den Standort des Handys bis auf 50 Meter genau bestimmen.

Diese „Fahndung mit stiller Post“ wurde im April nach einer Veröffentlichung des Spiegel bekannt. Während sich die Berliner Polizei damals noch weigerte, darüber Auskunft zu geben, ob auch die Berliner Beamten dienstlich „simsen“ dürfen, legte der Innensenator nun die Karten auf den Tisch. „Bis zum 17. April 2003 wurden bisher im Rahmen von 99 Telekommunikationsüberwachungsmaßnahmen Standortdaten auf diesem Weg ermittelt“, so Körting in seiner Antwort an Ratzmann. „Als polizeiliche Maßnahmen schlossen sich weitergehende Ermittlungen und gegebenenfalls Observationen und Festnahmen an.

Offenbar ist dem Innensenator bei dieser Angelegenheit allerdings auch nicht recht wohl. „Dem Senat“, räumte Körting ein, „sind die Bedenken an dem Einsatz der betreffenden SMS-Programme bekannt. Er hält sie teilweise für erheblich.“ Auf mehr als eine Ankündigung, nach „eingehender Prüfung der Sach- und Rechtslage“ die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, wollte sich Körting allerdings nicht festlegen.

Dem grünen Fraktionschef Ratzmann ist dies zu vage: „Für diese Fahndung gibt es keine Rechtsgrundlage.“ Körtings Hinweis auf richterlich genehmigte „Telekommunikationsüberwachungsmaßnahmen“ will Ratzmann jedenfalls nicht gelten lassen. „Wenn ein Handy lediglich im Stand-by-Betrieb ist, wird keine Kommunikation abgehört.“

Aber auch der Hinweis von Körting, die Fahndung werde nur gegen Tatverdächtige eingesetzt, denen „erhebliche Straftaten“ zur Last gelegt werden, reicht Ratzmann nicht aus. Schließlich wird in den neuen Antiterrorgesetzen, die die Netzbetreiber zur Herausgabe der Verbindungsdaten verpflichten, eine Definition dieser Straftaten ausdrücklich vermieden. Kein Wunder also, dass der Spiegel im April von einem Einsatz der SMS-Fahndung gegen einen Mann berichtete, dem lediglich die Beihilfe zur Unfallflucht vorgeworfen wurde.

Inzwischen kündigt sich immerhin ein parlamentarisches Nachspiel in der „Simsaffäre“ an. Die PDS-Innenexpertin Marion Seelig erklärte gestern der taz, dass auch die PDS mit den neuen Fahndungsmethoden Probleme hätte. Seelig, der die Methode bis gestern nicht bekannt war, will das Thema deshalb auf der nächsten Sitzung des Datenschutzausschusses zur Sprache bringen.

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