: Schulrat am Telefon
Trotz Dutzender Anmeldungen soll Schule Schierenberg schließen. Eltern erhielten persönliche Anrufe, sie mögen ihr Kind woanders anmelden
von KAIJA KUTTER
Es seien nur Empfehlungen, die „endgültige Entscheidung“ falle erst im Juni von der Deputation, hieß es, als kurz nach Ostern eine Liste von 18 Schulen bekannt wurde, die keine neuen Klassen einrichten dürfen. Die Schulen haben noch bis zum 5. Mai Zeit, Argumente für ihren Erhalt zu liefern. Doch in der Zwischenzeit legt die Bildungsbehörde den Eltern nahe, ihre Anmeldungen zurückzuziehen.
„Ich war sehr erstaunt. Mit so einem Anruf habe ich im Leben nicht gerechnet“, berichtet Melanie Weinert. Die Mutter aus Meiendorf erhielt am Montag einen Anruf von Schulrat Jan Behrend. Da ihr Sohn in die zweite Klasse der Schule Schierenberg geht, hat sie ihre Tochter für die Vorschule angemeldet und hofft so ab Sommer wieder vormittags arbeiten zu können. Eigentlich kein Problem, hat doch die Vorschulklasse 28 Anmeldungen. „Herr Behrend hat mir gesagt, dass es definitiv nichts wird mit der Vorschulklasse, weil die Behörde beabsichtige, hier dauerhaft keine Klasse einzurichten“, berichtet sie. Frau Weinert sollte deshalb schnell ihre Tochter an der Schule Islandstraße anmelden, wo jetzt noch 16 Plätze frei sind – zwölf zu wenig für die Schierenberger Eltern.
„Die Eltern empfinden dies als Erpressung“, sagt der Elternratsvorsitzende Torsten Elling-Kedron, der sich in einer E-Mail an Bildungssenatorin Alexandra Dinges-Dierig (parteilos) darüber beschwert hat. So weiß er von zwei weiteren Fällen, in denen der Schulrat zum Telefon griff. In einem sei Eltern nahegelegt worden, sich schnell den Platz an der Lehrstätte zu sichern, die nicht als Problemschule gilt.
„Dass ein Schulrat Eltern anruft, ist sehr ungewöhnlich“, erklärt auch der Schulleiter vom Schierenberg, Bernd Krawutschke. Seine Schule, die einen Preis als Umweltschule erhielt, sei eine „Oase, die etwas beiträgt zur Sozialisation der Schüler“. Auf dem 2,5 Hektar grünem Grundstück mit eigenem Rodelberg und Äckern für jede Klasse gebe es viel Platz zum Austoben: „Aggression im Unterricht kennen wir nicht.“ Doch das Schulhaus reiche nur für zwei Parallelklassen. Die Kinderzahl im Stadtteil würde ausreichen, um dauerhaft die bestehenden Grundschulen mit je zwei Klassen zu halten. Krawuschke: „Die Behörde plant aber, eine Schule dreizügig zu machen. Deshalb soll unsere Schule schließen.“
Dies ruft ungewöhnlichen Protest von Anwohnern hervor. Sogar auf Dächern und Balkonen der Wohnhäuser hängen Transparente „Schule Schierenberg muss bleiben“. Und eigentlich, so Elling-Kedron, wäre das auch mit den vorliegenden Zahlen kein Problem. „Wir hatten 2002 schon mal 42 Anmeldungen“, sagt sie, „da haben wir dann eine Klasse gegründet und mit Hilfe von den uns zustehenden Teilungsstunden faktisch zwei gebildet.“
Briefe, ihr Kind solle an der benachbarten Heinrich-Wolgast-Schule eingeschult werden, erhielten in diesen Tagen übrigens auch die Eltern der Innenstadtschule Katharinenstraße, über deren Schließung ebenfalls noch nicht engültig entschieden ist. GAL-Politikerin Christa Goetsch spricht hier von einem „Präjudiz“. Behördensprecher Alexander Luckow nennt es dagegen eine „Pflicht“ der Schulaufsicht, die Eltern zu warnen, dass möglicherweise keine 1. Klasse eingerichtet wird. „Wenn Eltern dies zur Kenntnis nehmen und sich umorientieren, ist dies ein ganz normaler Prozess.“