: Kaputtes Porzellan
Die Bürgerinitative für die Erhaltung des Hollerlandes, BUND und NABU fühlen sich von der SPD verraten
taz ■ Gerold Janssen ist stinksauer. „Ich fühle mich persönlich verraten“, kommentierte der selbsternannte „Opa der Bürgerinitiative für die Erhaltung des Hollerlandes“ den Beschluss des Koalitionsausschusses vom Dienstag (taz berichtete). Immer sei er in engem Kontakt gestanden mit führenden Sozialdemokraten – und jetzt das: Nur zwei Drittel des Hollerlands werden bei der EU als besonders schutzbedürftige Fauna-Flora-Habitat-Fläche (FFH-Gebiet) angemeldet. Ein Teil des Rest-Drittels, ein etwa 50 Hektar großer „Streifen“ entlang der A 27, soll Reservefläche sein für eine etwaige Norderweiterung des Technologieparks.
„Mit Enttäuschung, Empörung und Unverständnis“ reagierte auch der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND). Michael Abendroth vom BUND sprach von einem „überflüssigen Entgegenkommen der SPD“ gegenüber der CDU. Ein Gebiet wie das Hollerland mit seinem engen Grabensystem sei „unteilbar“ – wenn ein Teil bebaut werden, „dann ist ist es kaputt.“ Auch dem BUND hätten führende SPD-Vertreter vor der Wahl versprochen, das Hollerland werde tabu bleiben, sagte der Vorsitzende Hermann Cordes. Jetzt sei viel politisches Porzellan zerschlagen worden. „Die SPD hat das Vertrauen enttäuscht, das viele Umweltschützer in sie gesetzt haben“, so Cordes.
Der Naturschutzbund NABU geißelt den Koalitionsbeschluss als eine „Missachtung des Wählerwillens nahe am Wahlbetrug“. Ein „umzingeltes Schutzgebiet“ mache keinen Sinn, die Flächen nahe der Autobahn seien „als Puffergebiet unentbehrlich“. Im Wahlkampf sei das Hollerland von der SPD als „Umwelt-Zugpferd“ missbraucht worden, so NABU-Geschäftsführer Sönke Hofmann: „Schon in der Schulpolitik hat sich der Juniorpartner CDU voll durchgesetzt – die Bürger haben doch eine sozialdemokratisch dominierte Bürgerschaft gewählt, keine CDU-Regierung mit SPD-Senatoren.“
Die Bürgerinitiative will jetzt „alle Hebel in Bewegung setzen“, damit doch noch das gesamte Hollerland als FFH-Gebiet angemeldet wird. Ein Beschwerdeverfahren bei der Europäischen Kommission läuft bereits: Die Generaldirektion Umwelt prüft, ob Deutschland gegen die Umsetzung von Gemeinschaftsrecht verstößt, und das Hollerland dient dabei als „Beispielfall“. Falls Geldstrafen verhängt würden, werde „der Bundesumweltminister das schlank umleiten nach Bremen“, ist sich Dieter Mazur sicher.
Für die Bürgerinitiative ist vor allem Bürgermeister Henning Scherf der Buhmann: „Unsere Natur soll dafür blechen, dass Henning Scherf den Schlammpeizger nicht will“, schimpft Gerold Janssen. Scherf habe „keine Ahnung vom Umweltschutz“, stößt Mazur in dasselbe Horn. Natürlich habe man noch die Hoffnung, dass die SPD-Basis gegen den Beschluss rebelliere, so Mazur. „Die Erfahrung zeigt aber, dass – die SPD ist ja eine autoritäre Partei – die Delegierten einknicken werden.“ jox