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Archiv-Artikel

Zuwanderung fast beerdigt

Nach dem neuerlichen Scheitern der Verhandlungen will der grüne Rechtspolitiker Volker Beck die Gespräche endgültig abbrechen. Auch Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU) sieht schwarz. Die SPD hält sich ihre Entscheidung noch offen

AUS BERLIN ULRIKE WINKELMANN

Der grüne Rechtsexperte Volker Beck will seiner Partei davon abraten, die Verhandlungen zwischen Regierung und Opposition über ein Zuwanderungsgesetz fortzusetzen. Als „völligen Fehlschlag“ bezeichnete Beck gestern die insgesamt 17-stündigen Gespräche vom Freitag und Samstag. Er glaube nicht, „dass es noch ein Ergebnis gibt, dem am Ende alle zustimmen können“.

Beck sagte gestern, mit dem Forderungskatalog der Union gerate das angestrebte Zuwanderungsgesetz vollständig „aus dem Lot“. Nach den Anschlägen von Madrid im März musste die Koalition es sich schon gefallen lassen, dass statt über Zuwanderung über Terrorbekämpfung diskutiert wurde. Jetzt aber wolle die Union das gesamte Ausländer- und Asylrecht verschärfen. Die Grünen werden heute vermutlich entscheiden, ob sie die Gespräche fortsetzen wollen. Seitens der SPD waren so klare Positionen wie die Becks gestern nicht zu hören – doch dass sie ohne die Grünen weiterverhandelt, ist wenig wahrscheinlich.

Der FDP-Verhandler Max Stadler gab sich gestern dagegen noch halbwegs zuversichtlich. Er bedauerte zwar auch, dass am Samstag noch nicht einmal ein nächster Gesprächstermin herausgekommen war. Aber er rechne „mit einer neuen Runde“, sagte Stadler der taz. Er regte an, zwei getrennte Termine erstens für das Thema Sicherheit und zweitens für das eigentliche Zuwanderungsgesetz zu schaffen. Dazu aber dürfe die Union „bei Sicherheitsfragen nicht ständig draufsatteln“, sagte Stadler.

Die Gespräche am Wochenende seien daran gescheitert, dass „die Union einfach alles, was sie sich in den letzten zehn Jahren zu Sicherheitspolitik und Abschiebung ausgedacht hat, auf den Tisch gepackt hat“, sagte Stadler. Darunter seien Forderungen gewesen, die schon 1996 unter CDU-Innenminister Manfred Kanther an der FDP scheiterten – etwa die ungeprüfte Ausweisung aller Ausländer, die zu Haftstrafen von mehr als einem Jahr verurteilt wurden. Gegenwärtig liegt diese Grenze bei drei Jahren. Ausländer mit geringeren Strafen werden ebenfalls regelmäßig, aber nicht ungeprüft abgeschoben.

Der bayerische Innenminister Günther Beckstein (CSU) sagte, die Chancen auf ein Zuwanderungsgesetz seien „deutlich geringer geworden“. Aus seiner Sicht stehe es nun eins zu vier gegen ein Gesetz.

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