Folterungen keine Einzelfälle

Militärgeheimdienst und CIA haben Misshandlungen von Irakern angeordnet, um diese „physisch und mental“ auf Verhöre vorzubereiten, schreibt der „New Yorker“

BAGDAD/NEW YORK afp ■ Die Misshandlungen irakischer Gefangener durch US-Soldaten haben nach Informationen des US-Magazins The New Yorker weit schlimmere Ausmaße als bisher bekannt (http://www.newyorker.com/fact/content/?040510fa_fact). Es habe eine ganze Reihe von Foltermethoden gegeben, die weit über die auf den bereits veröffentlichten Fotos gezeigten hinausgingen, sagte der US-Journalist Seymour Hersh am Sonntagabend dem Sender CNN. Hersh veröffentlichte seine Erkenntnisse im New Yorker auf Grundlage eines Geheimberichts des US-Generalmajors Antonio Taguba. Der Bericht enthalte schwere Anschuldigungen gegen die CIA und den US-Militärgeheimdienst, die bei den Misshandlungen eine aktive Rolle gespielt hätten.

Nach Tagubas Untersuchungsbericht, aus dem Hersh zitierte, gab es zwischen Oktober und Dezember 2003 im Gefängnis von Abu Ghraib bei Bagdad zahlreiche Fälle „sadistischer, krasser und mutwilliger krimineller Misshandlungen“. Hersh nannte eine ganze Reihe von Foltermethoden. Sie reichen vom Übergießen nackter Gefangener mit kaltem Wasser und Stockschlägen über das Quälen mit Chemikalien bis zu Vergewaltigungen mit Besenstielen.

In dem 53-seitigen Bericht beschreibt Taguba Hersh zufolge eine aktive Rolle von Agenten des US-Militärgeheimdienstes sowie der CIA bei den Exzessen. Diese hätten die Militärpolizisten in Irak angewiesen, „die physischen und mentalen Voraussetzungen“ bei den Gefangenen für Verhöre durch den Geheimdienst zu schaffen. Zu den Misshandlungen seien drei Untersuchungen bei der US-Armee unter der jeweiligen Leitung eines Generals eingeleitet worden, sagte Hersh. „Ganz eindeutig wusste jemand Höherrangiges, dass es sich um ein generelles Problem handelte.“

Die US-Armee verkündete am Montag Strafmaßnahmen gegen sechs US-Offiziere im Zusammenhang mit dem Skandal. Nach Angaben eines Koalitionssprechers wurde den Offizieren ein Verweis erteilt. Ihre Beförderung sei somit blockiert und der Weg frei zu ihrem Ausschluss aus der Armee. Ein siebter Angehöriger der US-Armee habe eine Verwarnung erhalten. Auch die Offizierin Janis Karpinski sei unter den verwarnten Offizieren, sagte der Koalitionssprecher. Karpinski war für die Überwachung des Gefängniswesens in Irak verantwortlich und bereits vom Dienst suspendiert worden.

Der US-Sender CBS hatte in der vergangenen Woche Fotos von Misshandlungen und Demütigungen im Abu-Ghraib-Gefängnis bei Bagdad veröffentlicht; gegen sechs US-Soldaten war Anklage erhoben worden, gegen vier weitere wird ermittelt. In Großbritannien, wo am Samstag Fotos von folternden britischen Soldaten veröffentlicht worden waren, wuchsen gestern Zweifel an deren Echtheit.

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