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Archiv-Artikel

Castorf in Bewegung

Die altehrwürdigen Ruhrfestspiele wurden umgekrempelt. Der schleppende Kartenverkauf ist beendet. Die Ruhr-Triennale hat keine Probleme

Jetzt muss ein Publikumstausch stattfinden, das dauert seine Zeit, vielleicht auch ein paar Jahre

VON PETER ORTMANN

Im Ruhrgebiet schien Kohle für Kunst nicht mehr vorhanden zu sein. Die Ruhrfestspiele unter ihrem neuen Berliner-Volksbühnen-Intendanten Frank Castorf mussten während des Vorverkaufs unbefriedigende Zahlen hinnehmen. Selbst bei der Eröffnungspremiere blieben zahlreiche Plätze frei. Aber NO FEAR, alles wird gut. „Es entwickelt sich total positiv“, sagt Anne Althoff, die Pressesprecherin der Ruhrfestspiele. Die Kartenstelle verzeichne nach dem Eröffnungsfest am Sonntag sogar einen kleinen Ansturm.

Erster Favorit beim Publikum ist Christoph Schlingensiefs Wagner-Rallye. „Wir haben wohl keine Probleme beim Kartenverkauf“, freut sich der Berufs-Provokateur, der sich bei den Festspielen auf dem Recklinghäuser Hügel beziehungsreich Richard Wagners Musik vorgenommen hat und sie mit einem Autokorso mit Dachlautsprechern quer durchs Revier schallen lässt. Über 200 Teams hätten sich beworben, zehn wurden ausgewählt. Der Wagner-Trip startet morgen.

Schlingensief kann den schleppenden Anfang der Ruhrfestspiele erklären. „Das Programm ist von der Stadt massiv angegangen worden“, sagt er. Die meisten Besucher wären eben aus Recklinghausen gekommen. Intendant Frank Castorf müsse jetzt einen Publikumstausch herbei führen, und das sei so schwierig, wie Brennstäbe in einem Atomkraftwerk zu wechseln, erklärt er und grinst. „Wir haben auch einen totalen Programmwechsel vorgenommen, nichts sei mehr wie früher“, sagt Anne Althoff. Das müsse erst bei den Menschen ankommen.

Ganz anders läuft der Kartenverkauf bei der letzten Ruhr-Triennale-Saison unter Intendant Gerard Mortier, der neben Castorf in diesem Jahr auch noch für die Ruhrfestspiele Verantwortung trägt. Wenige Wochen nach Start des Vorverkaufs sind mehr als die Hälfte aller Tickets verkauft. Besonders Ariane Mnouchkines „Le Dernier Caravansérail“ ist ein Renner. Ihre zehn Vorstellungen sind fast ausverkauft. Die Ruhr-Triennale startet am 21. und 22. Mai mit zwei Weltstars in der Bochumer Jahrhunderthalle: Elvis Costello steht erstmals mit dem amerikanischen Gitarristen Bill Frisell auf der Bühne.