Die FDP kämpft mit Vorurteilen

Kölner FDP macht mit Flugblättern gegen Flüchtlingsunterkünfte Wahlkampf. Die Partei weigert sich außerdem, die Fairness-Vereinbarung des Runden Tischs für Integration zu unterzeichnen

von Sebastian Sedlmayr

Mit Anfragen, Flugblättern und der Ablehnung des Fairness-Abkommens des Runden Tischs für Integration schärft die Kölner FDP derzeit ihr Wahlkampfprofil als Flüchtlings- und Kriminalitätsbekämpfer und greift das schwarz-grüne Konzept der dezentralen Unterbringung von Flüchtlingen an. CDU und Grüne hatten nach rund zwei Jahren „Abschreckungspolitik“ von CDU und FDP einen liberaleren Kurs in der Flüchtlingspolitik eingeschlagen.

Der Porzer FDP-Bezirksvertreter Björn Dietzel richtete für die nächste Sitzung der Bezirksvertretung am 11. Mai die Frage an die Verwaltung, wie die mit dem angeblichen „Ansturm Illegaler“ fertig werde. Im Begleitschreiben zu der Anfrage heißt es, die Flüchtlingspolitik der schwarz-grünen Ratskoalition mache „Köln zu einem neuen Magneten für illegal Eingereiste“.

Ähnlich lautet ein Flugblatt, das die FDP Anfang April in Nippes verteilte. Fraktionsgeschäftsführer Ulrich Breite weist die Adressaten darin persönlich darauf hin, dass sie „in unmittelbarer Nachbarschaft einer von CDU und Grünen gewollten und von der Stadtverwaltung umzusetzenden Unterkunft für illegal eingereiste Personen wohnen“. Breite weiter: „Die schwarz-grüne Ratsmehrheit schafft damit einen weiteren sozialen Brennpunkt in unserer Stadt. Wie die schmerzlichen Erfahrungen der Bürgerinnen und Bürger im Stadtteil Poll zeigen, steigt die Kriminalität im Umfeld solcher Einrichtungen.“

„Nicht unparteiisch“

Der FDP-Politiker legt den Anwohnern nahe, sich an den Beschwerdeausschuss der Stadt zu wenden, „sollten Sie mit dieser Politik in Ihrer direkten Nachbarschaft nicht einverstanden sein“. Der taz sagte Breite, die FDP werde überall da, wo neue Unterkünfte eingerichtet werden, „Transparenz schaffen“.

Den Rückzug aus dem Fairness-Abkommen hatte der Kölner FDP-Vorsitzende Reinhard Houben bereits am 20. April in einem Brief an den Runden Tisch für Integration angekündigt. Der Inhalt des Schreibens wurde erst diese Woche bekannt. Houbens Begründung für die Verweigerung der Unterschrift: Die Schiedsleute Hannelore Bartscherer und Ernst Fey, Vorsitzende des Kölner Katholikenausschusses und Stadtsuperintendent des Evangelischen Stadtkirchenverbandes, seien „nicht unparteiisch gegenüber der FDP Köln“. Fey habe den FDP-Fraktionsgeschäftsführer Ulrich Breite angegriffen, nachdem dieser anlässlich der Osterfeiertage die Karfreitagsruhe ein „Relikt obrigkeitsstaatlicher Herrschaft“ genannt hatte. An Bartscherer kritisierte die FDP, dass sie „trotz der feststellbaren negativen Auswirkungen auf die Kölner Kriminalstatistik“ für ein „Bleiberecht illegal eingereister Personengruppen in Köln“ eintrete.

Statt Fey und Bartscherer schlug Houben den Landgerichtspräsidenten Helmut Zerbes und den Rektor der Universität zu Köln, Tassilo Küpper, vor. Gefragt wurden die beiden nicht. „Wir hätten auch sagen können, wir nehmen Herrn X oder Frau Y“, erklärt Houben das ungewöhnliche Vorgehen. „Wir wollten einfach mal zeigen: Wir wollen jemand anders.“

Verstöße „genau definiert“

Der Vorsitzende des Runden Tisches, Konrad Gilges, wies die Kritik der FDP in einem Antwortschreiben am Mittwoch strikt zurück. Die politische Neutralität der Schiedsleute sei für ihr Amt „unerheblich“, da mögliche Verstöße gegen das Fairness-Abkommen „genau definiert“ seien. „Wir werden an Frau Bartscherer und Herrn Fey festhalten“, stellte Gilges in seinem Brief an FDP-Chef Houben klar. Der taz sagte Gilges: „Die FDP tut gut daran, sich nicht in den rechtsradikalen Sumpf zu begeben“.

Die CDU will am kommenden Dienstag in einer Vorstandssitzung entscheiden, ob sie das Abkommen in diesem Wahljahr unterzeichnen möchte. Sollte auch die Union ihre Unterschrift unter das Fairness-Abkommen verweigern, „dann wäre das gescheitert“, so Gilges. So weit möchte der CDU-Koalitionspartner im nicht gehen: „Dann müssten wir das intensiv diskutieren“, so der grüne sozialpolitische Sprecher Ossi Helling zurückhaltend. Er halte ein Fairness-Abkommen in einer Stadt wie Köln mit dem Anspruch einer Kulturhauptstadt aber für eine „absolute Selbstverständlichkeit“.

Der Kölner Flüchtlingsrat bescheinigte der FDP gestern eine „explosive Mischung aus Rechtspopulismus und Irrationalität“. Flüchtlingsratssprecher Claus-Ulrich Prölß warf der FDP „Stimmungsmache gegen Flüchtlinge“ vor und forderte sie auf, „an einer liberalen Neuausrichtung der Flüchtlingspolitik der Stadt Köln aktiv mitzuwirken“.