: Roma in der Slowakei
betr.: „Das müssen Sie wissen“, Übersicht zur EU-Osterweiterung (Slowakei), taz vom 30. 4. 04
Formulierungen wie „Zurzeit werfen Menschenrechtler den Slowaken vor, die geschätzten 10 Prozent Roma im Land zu diskriminieren. Nachdem Roma-Gruppen Supermärkte geplündert hatten, weil ihnen die Sozialhilfe um 50 Prozent gekürzt worden war, verletzte die Polizei einige Roma“, sind einfach nur verachtend gegenüber der Diskriminierung und Marginalisierung, denen Roma in der Slowakei ausgesetzt sind. Berichte hierzu gibt es zuhauf, beispielsweise der Länderbericht der European Commission against Racism and Intoleranz, der feststellt, dass Roma in nahezu allen gesellschaftlichen Bereichen ausgegrenzt werden. Die Weltbank legte im vergangenen Jahr einen Bericht vor, aus dem hervorgeht, dass die Zahl isolierter Romasiedlungen in der Slowakei zunimmt und dass immer mehr Roma gezwungen sind, in solchen Siedlungen zu leben. In vielen dieser Siedlungen gibt es weder Strom noch sauberes Trinkwasser, keine Abfallentsorgung und keinen Anschluss an das öffentliche Transportsystem.
Zu den Unruhen im März sollte man vielleicht wissen, dass die Regierung die Sozialhilfe um fast die Hälfte gekürzt und Höchstgrenzen pro Familie eingeführt hat, eine Maßnahme, die die Roma besonders trifft, da sie auf dem Arbeitsmarkt diskriminiert und überwiegend im wirtschaftlich heruntergekommenen Osten des Landes leben. Bereits vor dieser Kürzung kämpften viele Roma ums nackte Überleben: Eine dreifach höhere Kindersterblichkeitsrate und eine um zehn bis 15 Jahre verkürzte Lebenserwartung sind auf menschenunwürdige Lebensumstände zurückzuführen.
Die Antwort der Regierung auf die Proteste war der Einsatz von Polizei und Armee gegen die Zivilbevölkerung. Menschenrechtsorganisationen haben mehrere Fälle polizeilicher Misshandlung dokumentiert. Tage danach wurde der Leichnam eines 29-Jährigen gefunden. Seine FreundInnen und Bekannten bringen seinen Tod mit den Polizeiaktionen in Verbindung. Aber was sind schon ein paar verletzte Roma? Kein Hindernis jedenfalls für den EU-Beitritt und euch offensichtlich auch nicht viel Aufhebens wert. Mehr Informationen zur Slowakei http://www.erionet.org/Slovakia.html
KARIN WARINGO, European Roma Information Office, Brüssel