: Zwanzig Zeilen
Heute erscheint in Cottbus zum ersten Mal „20 Cent“. Die bunte Zeitung soll mit kurzen Texten junge Leser ködern
Für deutsche Tageszeitungen wird es immer schwerer junge Leser zu finden. Und im Osten haben die Blätter auch noch mit der hohen Arbeitslosigkeit und der geringen Kaufkraft zu kämpfen. „Auf einem besonders schwierigen Markt muss man besonders kreativ sein“, sagt Peter Stefan Herbst. Er ist Chefredakteur der Lausitzer Rundschau, die heute zum ersten Mal 20 Cent herausbringt: 32 Seiten stark, vierfarbig, im Tabloidformat und mit einer Auflage von 20.000 Exemplaren.
„20 Cent richtet sich an junge Menschen, die bislang gar keine Zeitung lesen oder nur bei den Eltern mitlesen“, sagt Herbst. Er legt wert darauf, dass 20 Cent keine Boulevardzeitung ist. „Boulevard und jung schließt sich aus. Die Leser von solchen Zeitungen sind viel älter als unsere Zielgruppe.“ 20 Cent soll das gleiche Niveau haben wie das Stammblatt und die Jungen zu seinen zukünftigen Lesern machen.
Herbst ist sich sicher, dass die Jugendlichen nach der Lektüre zu jedem Thema mitreden können, egal ob Politik, Wirtschaft oder Sport. „Der Unterschied ist: Jedes Thema wird in 20 Zeilen abgehandelt“, sagt er. „Wir orientieren uns an den Gesetzmäßigkeiten des Internets.“
Über die Kosten des Projekts sagt Herbst nichts, doch wird der Holtzbrinck-Verlag der hinter der Lausitzer Rundschau steht, das Risiko wohl kalkuliert haben. 20 Cent wird von einer eigenen Mannschaft produziert. 14 Leute, meist ehemalige Volontäre, werden in Zukunft täglich für das Blatt schreiben. Dabei soll die Redaktion auch auf Themen der Lausitzer Rundschau zurückgreifen können. Hauptsächlich soll das Blatt aber von der 20 Cent-Redaktion gefüllt werden. „Wir schreiben unsere eigenen Sachen“, sagt Jan Lehmann, vor kurzem noch Volontär bei der Lausitzer Rundschau und jetzt Mitarbeiter bei 20 Cent. In der Redaktion sei man zuversichtlich, sagt Lehmann. „Alle sind aufgeregt und voll dabei. Es ist einfach super mit so vielen jungen Leuten zu arbeiten.“ Gestern hoffte die 20 Cent-Redaktion noch auf einen Sieg von Energie Cottbus. „Dann können wir mit einer tollen Nachricht aufmachen.“
Sergej Lochthofen, Chefredakteur der Thüringer Allgemeinen aus Erfurt sieht dem Start von 20 Cent nicht ganz so zuversichtlich entgegen: „Das wirkt auf mich wie ein Akt der Verzweiflung.“ Jugendliche seien mit diesen Maßnahmen nicht wieder für die Zeitung zu gewinnen, sagt Lochthofen. Solche Experimente seien aber immer gut – wenn sie von anderen gemacht werden. „Man hat dann entweder eine Menge Geld gespart oder man zieht nach.“ PHILIPP DUDEK