Dank Kettensäge federleicht

Wächter und Vögel aus Lebensbäumen: Galerie Kramer zeigt feuergeschwärzte Skulpturen der Frankfurter Holz-Bildhauerin Gabriele von Lutzau

Zwei meterlange Äste laufen in einer Verdickung zusammen. Die erinnert an einen Vogelkörper: Über der Taubenbrust blickt das Köpfchen nach vorn, die Flügel sind stolz nach hinten gestreckt. Kaum zu glauben, dass Gabriele von Lutzau die filigrane Skulptur ausschließlich mit der Motorsäge hergestellt hat.

Die Frankfurter Künstlerin arbeitet nur mit schwerem Gerät. „Wie John Wayne aus der Hüfte“, sagt sie. Noch den kleinsten Schnitt setzt sie mit der Motorsäge, dann schwärzt sie das Ganze per Flammenwerfer. Eine Harzschicht sorgt für die Beständigkeit. Für ihre Vogel-Skulpturen sammelt sie bei Friedhöfen Thujas. Die Zypressen-ähnlichen Lebensbäume werden ausgerissen, sobald sie zu groß sind. Eigentlich mag die Künstlerin die Sträucher überhaupt nicht. Jedenfalls, solange sie leben. Die toten kann sie umso besser gebrauchen.

Die Galerie Kramer stellt 27 Skulpturen der Künstlerin aus. Im wörtlichen Sinne federleicht: schlanke Vögel mit langen Beinen, Federbüschel und kopflose gefiederte Torsi. Die Figuren sind weder gegenständlich noch völlig abstrakt – Assoziationen liegen nahe. Die gesichtslosen Wächter etwa erinnern mit ihren Schwingen, die nach oben ragen, an Darstellungen der Siegesgöttin Nike. Die Vogel-Skulpturen offenbaren nicht nur Tauben und Falken, auch menschliche Liebespaare sind zu erkennen. Gabriele von Lutzaus Skulpturen strahlen ohne jeden Kitsch Harmonie aus. Die zurückhaltenden Figuren sind keine bloße Deko – sie sind einfach schön.

Axel Lerner

Holzskulpturen von Gabriele von Lutzau. Bis zum 20. Juni in der Galerie Kramer, vor dem Steintor 46