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Archiv-Artikel

Für 1,53 Euro Müll aufsammeln

Die Stadt Köln hat sich von Arbeitsagenturen 180 Sozialhilfeempfänger und Arbeitslose vermitteln lassen. Sie sollen in diesem Sommer in Kölner Parks nach Grillfeten den Dreck wegräumen

von Jürgen Schön

Sommerzeit – Picknickzeit! In Scharen ziehen die Kölner bald wieder mit Grill, Bier und Würstchen in die städtischen Grünanlagen. Nachts geht‘s nach Hause – und der Müll bleibt erfahrungsgemäß zurück. Damit die Wiesen am nächsten Tag nicht zugemüllt bleiben, stellt die Stadt Köln in diesem Jahr 180 Reinigungskräfte ein, die ihren Mitbürgern „regelmäßig und auch sonn- und feiertags“ für kleines Geld hinterher räumen.

80 der 180 Reinigungskräfte empfangen Sozialhilfe und werden im Programm „Wege in Arbeit“ betreut. „Sie sind zwar willig, meist aber sogar zu schwach für den Zweiten Arbeitsmarkt, an den sie langsam herangeführt werden müssen“, beschreibt Bettina Scheunemann, Abteilungsleiterin beim Sozialamt, ihre Klientel. Jeder erhält vom Sozialamt einen Stundenlohn von 1,53 Euro, dazu eine individuelle Betreuung durch Psychologen und Sozialarbeiter.

100 der neuen Reinigungskräfte sind ABM-Kräfte, die die Agentur für Arbeit Köln (AA) bezahlt. Die Stadt hat sie bei zwei Beschäftigungsgesellschaften „bestellt“, 50 von ihnen bei der Kölner Gesellschaft für Arbeits- und Berufsförderung (KGAB), einem zu 75 Prozent der Stadt gehörenden Unternehmen. Sie sollen schon Mitte dieses Monats ihren Dienst antreten. Die KGAB zahlt ihnen mit Sonntagszuschlägen einen Bruttomonatslohn von knapp 1.200 Euro, der im Wesentlichen durch die ABM-Zahlungen der AA gedeckt wird. Die Stadt schießt insgesamt 200.000 Euro hinzu. „Wir orientieren uns am Tarif des Bewachungsgewerbes“, erklärt Firmenchef Harry Meurer. Außerdem können die ABM-Kräfte „formale Eignungsvoraussetzungen“ als Lagerarbeiter oder Bewachungspersonal erwerben. Ob sie damit allerdings später eine Festanstellung finden, „hängt vom Arbeitsmarkt ab, und da sieht es schlecht aus“, meint Meurer.

Bei KölnArbeit, der anderen Beschäftigungsgesellschaft, wartet man noch auf Bewerbungen. Auf eine Stelle kommen erfahrungsgemäß fast drei Bewerber. Ist die Auswahl getroffen, können weitere 50 Reinigungskräfte im Juni ihren Dienst beginnen.

Der Internationale Bund (IB), einer der sechs freien Träger von KölnArbeit, wird 12 Menschen betreuen. Auch hier liegt die Bezahlung deutlich unter der untersten Lohnstufe des „Bundesmanteltarifvertrags Gemeindearbeiter“. Der sieht für Ungelernte 1.595,65 Euro vor.

Ver.di Köln beobachtet das Vorgehen der Stadt, ist bislang aber noch nicht zu einer endgültigen Bewertung der neuen ABM-Auswirkungen gekommen. In der Vergangenheit sahen die Gewerkschaften durch die Vermittlungsarbeit der Beschäftigungsgesellschaften feste Arbeitsplätze bei den Kommunen infolge von „Lohndumping“ gefährdet. Klaus Müller-Starmann, Projektleiter bei IB, hält allerdings nicht viel von solchen Lohnvergleichen: „Jobs für Unqualifizierte bieten die Kommunen doch schon lange nicht mehr an.“ Auf Nachfrage räumt er allerdings ein, dass die Wahrscheinlichkeit nicht sehr groß ist, dass jemand aus dieser bis zum Ende des Jahres befristeten Maßnahme direkt in den ersten Arbeitsmarkt wechseln wird. „Jobs für Unqualifizierte sind rar“, sagt er, „umso mehr kommt es darauf an, dass wir die Menschen für den Arbeitsmarkt qualifizieren.“ Da soll etwa ein in der ABM enthaltenes Bewerbungstraining helfen. Vermittelt würden auch „Selbstvertrauen, Kenntnisse von Strukturen oder pünktliches Arbeiten“.