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Archiv-Artikel

Kritik ernst nehmen

Brief an Lange: Schulleitungen von 111 Schulen fordern Rücknahme des Arbeitszeitmodells. Schill-Partei schickt Grundschullehrer in Kitas

von KAIJA KUTTER

Vor einer Woche hatte Schulaufsichtsleiter Norbert Rosenboom per Rundbrief Änderungen am Arbeitszeitmodell verkündet, um auf Kritik der Basis zu reagieren. So dürfen Schulleiter eigenständig über die bis zu 29 Vertretungsstunden, die jeder Lehrer künftig geben muss, verfügen und müssen keine Plus-Minus-Jahresabrechnung an die Behörde weiterreichen. Doch dies genügte offenbar nicht, um die Basis zu beruhigen. Gestern veröffentlichten Schulleiter einen Brief an Bildungssenator Rudolf Lange (FPD), in dem sie die Rücknahme des Modells verlangen.

„Wir fordern den Schulsenator auf, unsere fachliche Kritik ernst zu nehmen“, heißt es in dem Papier, das 325 Leitungsmitglieder von 111 Schulen unterschrieben. Die flächendeckende Einführung des Modells schaffe „unkalkulierbare Risiken“, das pädagogische Angebot werde „deutlich verschlechtert“, die Belastungsgrenzen vieler Lehrer würden „überschritten“.

„Bei uns müssen alle Lehrer im Schnitt zwei Stunden mehr unterrichten“, berichtet Gerlind Buscher vom Gymnasium Kirchdorf/Wilhelmsburg. So müsse zum Beispiel eine Klassenlehrerin, die zugleich Fachvertreterin für Englisch und Französisch ist, trotz dieser Funktionen künftig 27 Stunden geben. „Die Kollegen bei uns sind sehr demotiviert“, berichtet auch Angelika Fiedler von der Clara-Grunwald-Schule. „Die Gespräche mit Eltern, die ganze sozialpädagogische Arbeit, die wir leisten, wird in dem Modell nicht abgebildet.“

Vor allem Grundschullehrer müssen künftig über den Vormittag hinaus unterrichten. Die Schill-Abgeordnete Katrin Freund hat eine Zweitverwendung für sie gefunden. Das Modell „Lehrer besuchen Kitas, um Kindern Deutsch beizubringen“, werde ab Herbst von 28 auf 88 Standorte ausgeweitet, berichtet Freund. Dafür gebe es ein Volumen von sechs Stellen, die durch das AZM frei werden. Kleines Problem: Migrantenkinder sind dank Gutscheinsystem künftig kaum noch nachmittags in der Kita. Dazu Freund: „Es gibt Doppelbesetzungen. Da können die Lehrer schon vormittags raus.“