: Die taz muss ins Gefängnis
Zeitungen wie die taz sind für Häftlinge eine wichtige Verbindung nach „draußen“
Wir arbeiten am Computer, drucken unsere Bahnfahrkarten online zu Hause aus, kommunizieren und entspannen medial. Wir lassen uns berieseln von mehr oder weniger gutem Fernsehprogramm, surfen im Café nebenan dank drahtloser Technologie mit unserem Laptop, telefonieren in der U-Bahn und geben uns virtuellen Realitäten in Videospielen hin.
Kaum vorstellbar, dass es in jeder größeren deutschen Stadt Orte gibt, an denen das Selbstverständliche keinen Einzug gehalten hat. Die Rede ist von Haftanstalten, in denen bundesweit etwa 80.000 Menschen einsitzen. Menschen, deren Tagesablauf strukturiert verläuft: Arbeiten, Essen, Bestandszählung und Einschluss sind die markanten Ereignisse im Alltag eines Häftlings. Trotz bestehender Arbeitspflicht, Bildungsprogrammen und sozialen Angeboten bleibt viel Zeit. Zeit zum Nachdenken, Zeit für Medien, so denkt man.
Dennoch spielen Computer im Strafvollzug nur eine untergeordnete Rolle. Sie kommen hauptsächlich im Aus- und Weiterbildungsbereich zum Einsatz, um Medienkompetenz zu vermitteln und die Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu erhöhen. Das Internet jedoch fällt dabei fast vollständig unter den Tisch. Kaum eine Justizvollzugsanstalt in Deutschland hat selbst einen Internetauftritt, ebenso gibt es nur eine Hand voll Inhaftierte, die über eine private Homepage verfügen.
Beim Thema Fernsehen sieht es ähnlich aus. Das Privileg des uneingeschränkten Fernsehens verbietet das Gesetz.
Ob und wie lange ein Inhaftierter fernsehen darf sowie die Erlaubnis einer Videokonsole regeln weitestgehend die Strafvollzugsgesetze der Länder und im Kleinen die Haftanstalten selbst. Einschränkungen des Besitzes elektronischer Geräte schafft zusätzlich der Passus der sozialen Gleichbehandlung, der von den Anstalten angewandt werden kann. Somit stellt die Zeitung eine wichtige erreichbare Verbindung nach außen dar, die über den Unterhaltungswert hinaus auch informiert.
Auch hier regelt ein Gesetzestext den Bezug. So besagt § 68 StVollzG, dass Zeitungen ausschließlich im Abonnement direkt vom Verlag bezogen werden dürfen. Es ist genau diese Regelung, die Zeitungen für Inhaftierte zum teuersten Medienangebot und damit zur Mangelware werden lässt. Wie kaum eine andere Zeitung hatte die taz von Anfang an den Anspruch, jedem Gefangenen den Bezug ohne Wartezeit und kostenfrei zu ermöglichen und ihn so aktiv am Leben „draußen“ teilnehmen zu lassen. Im Bewusstsein dieser Zielsetzung war die taz Mitte der Achtzigerjahre Mitbegründerin des Vereins Freiabonnements für Gefangene e. V. mit Sitz in Berlin. Auch heute noch werden täglich etwa 750 tazzen in deutsche Gefängnisse sowie an deutschsprachige Inhaftierte im Ausland verschickt. Der Verein hat seine Arbeit mit viel Engagement ausgebaut und liefert inzwischen 34 verschiedene Zeitschriften und Zeitungen, die der Gefangene selbst wählen kann. Da jedoch die Nachfrage steigt, sind sowohl die taz wie auch der Freiabo-Verein auf Unterstützung durch Spender angewiesen, um das gesteckte Ziel weiterhin erreichen zu können. Deshalb unsere Bitte an Sie: Verschenken Sie ein Abo an einen Gefangenen, oder schicken Sie das eigene taz-Abo während Ihres Urlaubs für mindestens eine Woche in den Knast. DANIEL FALK