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Archiv-Artikel

Cooler als Schule sind Kochen und Cocktails mixen

Beim Berufsfindungstag an der Kölner Hauptschule Baadenberger Straße legen Schülerinnen und Schüler Hand an und lernen das Gastronomiegewerbe kennen – eine der wenigen Branchen, in der Hauptschüler noch eine Chance haben

KÖLN taz ■ Schon an der Tür der Ehrenfelder Gemeinschaftshauptschule Baadenberger Straße kommen dem Besucher Jungs mit Schürze entgegen. Lehrer und Schüler tragen Tabletts mit Enten und Pilzen aus Marzipan oder Paprika-Quark-Kaviar-Häppchen ins Schulgebäude. Andere warten auf die Präsentation der Ergebnisse des Berufsfindungstages und die „Verkostung“. Die Jungen und Mädchen der 8. Klasse haben gekocht, Fingerfood bereitet, Servietten gefaltet, Brötchen gebacken, Fleischspieße vorbereitet, Cocktails gemixt. Spaß hat es den meisten gemacht, „cooler als Schule“.

Es war schon der zweite Berufsfindungstag, er stand unter dem Motto „Tischlein deck Dich! Berufe rund um den gedeckten Tisch“. Unterstützung kam vom „Regionalen Kooperationsmanagement Wirtschaft – Schule“ (einem Zusammenschluss freier Träger), dem Berufskolleg, von Innungen und Betrieben. Ziel war es, Theorie und Praxis, Schule und Wirtschaft zu verbinden. 100 Schüler wurden in zehn Berufe des Gastronomie- und Lebensmittelgewerbes eingewiesen. „Als Restaurantfachmann muss man zum Beispiel vor den Gästen flambieren oder Cocktails mixen. Ich werd später Cocktailmixer. Das hat Spaß gemacht“, erzählt ein Schüler.

„Aber man hat keine Feiertage und lange Arbeitszeiten. Und so viel verdienen tut man auch nicht“, wirft ein anderer dazwischen, und alle nicken zustimmend. Einen Einblick in die Berufswelt haben die Schüler der achten Klasse allemal bekommen. Das ist nicht immer so. Die meisten wüssten in der 10. Klasse kurz vor Schulabgang noch nicht einmal die Berufsrichtung, die sie einschlagen wollten, erzählt Frauke Welbers. Die Hauswirtschaftslehrerin ist nicht nur für die Berufswahlorientierung der Schulabgänger zuständig, sie ist auch die Ideengeberin dieses Tages. „Der Tag soll ihnen einen Anstoß geben, sich schon jetzt mit der Berufswahl auseinanderzusetzen.“

Der 14-jährige Halil weiß zwar schon, was er werden will: „eine kaufmännische Ausbildung machen und dann Autos verkaufen“. Aber nach diesem Tag kennt er eine Alternative: Wenn er „10b mit Quali“, den Hauptschulabschluss mit Qualifikation, nicht schafft, dann „vielleicht Konditor“. Bärbel Wensing von der Caritas meint: „Die Gastronomie ist eine der wenigen Branchen, in denen Hauptschüler noch eine wirkliche Chance haben.“ Vielleicht auch eine Chance für die 40 Prozent der Abschlussklasse, die bisher noch keinen Ausbildungsplatz gefunden oder sich für eine weiterführende Schule entschieden haben.

Doch trotz der Erfahrungen beim Berufsfindungstag – viele haben andere Träume. Davon zeugen die Bilder, die sie zu dem Thema „Was ich später machen will“ gemalt haben. Ein Arzt im OP ist darauf zu sehen oder ein Lehrer vor der Klasse. Ein Schüler erzählt: „Mein Traumberuf ist Rechtsanwalt“, und seine Augen leuchten. Der Tag scheint eines gebracht zu haben: Die Schüler setzen sich damit auseinander, was sie wollen. Sonja Gündüz