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Archiv-Artikel

Himmelpforten bleiben sauber

500 Bürger demonstrieren erfolgreich gegen neugegründete Nationaldemokratische Kameradschaft. Die rücken nur mit 40 Mann an

Der Bürgermeister: „Weggucken und totschweigen wäre falsch“

Himmelpforten taz ■ „Wehret den Anfängen“ ist in Himmelpforten mehr als nur eine Parole. Über 500 Menschen aus der Gemeinde südlich von Stade demonstrierten am Samstag gegen einen neonazistischen „Trauermarsch“.

Angelehnt an die Inschrift des Kriegerdenkmals auf dem örtlichen Friedhof: „Die Helden tot, das Volk in Not“, hatte die noch im Aufbau befindliche „Nationaldemokratische Kameradschaft Himmelpforten“ erstmals zu einer öffentlichen Aktion aufgerufen. Doch die Gegenwehr aus der Gemeinde schien die Gruppe um Martin Zahar zu entmutigen. Nur an die 40 Neonazis aus dem Netzwerk zwischen Nationaldemokratischer Partei Deutschlands (NPD) und „Freien Kameradschaften“ der Region Verden/Buxtehude kamen. Die lokalen Neonazis wagten nicht mitzumarschieren.

„Weggucken und totschweigen wäre falsch“, sagte Bürgermeister Lothar Wille (SPD) bei der Gegenkundgebung auf dem Markplatz. Verbieten konnte die Gemeinde den Marsch nicht, jedoch schränkte sie ihn durch Auflagen ein. So mussten die Kameraden, angeführt von dem Neonazi Adolf Dammann, vom Bahnhof zum nahen Friedhof laufen, wo nur drei Rechte einen Kranz vor das Denkmal legen durften. Sichtlich verärgert kehrten sie zum Bahnhof zurück.

Auf dem Markplatz betonte derweil Pastor Udo Garve: „Die Trauer um die Opfer der Kriege darf nicht missbraucht werden“. Weder in „verbrämter“, noch in „offener Form“ sei „rechtsradikales Gedankengut“ akzeptabel. Die Inschrift auf dem Denkmal, hob er in Abgrenzung zu dem Motto der Rechten hervor, müsse im historischen Kontext hinterfragt werden. Denn es sei 1918 aufgestellt worden.

Die evangelisch-lutherische Kirchengemeinde hatte zu der Kundgebung aufgerufen, die 17 Organisationen – vom Gemeinderat und Samtgemeindeverband, über Parteien und Freiwilliger Feuerwehr bis zum Schützen- und Angelsportverein – unterstützen. Die Warnung von Martin Niemöller scheint in der Gemeinde nachzuhallen. Zweimal trugen Schüler der Porta-Coeli-Schule Niemöllers Gedicht von 1941 vor: „Als sie die Kommunisten holten, habe ich geschwiegen – denn ich war ja kein Kommunist. (...) Als sie mich geholt haben, hat es niemanden mehr gegeben, der protestieren konnte“. ANDREAS SPEIT