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Archiv-Artikel

dalai lama fürs volk Exklusiv in „Bild“

Richard Gere, geradezu die Inkarnation des männlichen Sex-Appeals, ist es, Harrison Ford, Sharon Stone, Sting, Tina Turner, David Bowie, Patti Smith und viele Grüne sind es: Sie sind begeisterte Anhänger des tibetischen Gottkönigs. Kein Religionsführer hat im vergangenen Jahrzehnt seine Anhängerschaft derart vermehrt wie der 14. tibetische Dalai Lama. Vor allem in ihrer tibetischen Variante scheint die „Lehre des Buddha“ dem Zeitgeist zu entsprechen: Die Zahl der Sympathisanten des Vajrayana-Buddhismus, als dessen Oberhaupt der Dalai Lama firmiert, geht in die Millionen.

Die Suche nach sich selbst, nach Sinn und Seelenheil treibe die Menschen in buddhistische Zentren, spekuliert beispielsweise die Bunte. Geschürt wird diese Suche durch die Dauerpräsenz „Seiner Heiligkeit“ in der Yellow Press. Und deren Flaggschiff ließ den Dalai Lama nun deutschlandweit und in einer täglichen Serie für sich werben.

Großflächig in warmen Rottönnen prangte der Dalai Lama in einer Plakataktion der Bild-Zeitung letzte Woche auf Deutschlands Straßen. „Gegen den Neid – Ratschläge des Herzens. Der Dalai Lama schreibt in Bild“, stand beispielsweise bei dem Porträt der freundlichen Heiligkeit. Und dieses Porträt wirkt heiter und gelassen, friedlich, sanft und harmonisch. Jeder spürt sofort: Dieser Mann will nur das Beste. Er will, was er schon beim Kirchentag in Berlin vor tausenden Besuchern verkündete: unser persönliches Glück! Bei der Suche danach hilft nun Bild. In einer sechsteiligen Serie veröffentlichte Bild „Ratschläge des Herzens“ seiner Heiligkeit für die Schüchternen, die Einsamen, die Politiker. Und er erreicht damit nicht nur die ohnehin mit sich selbst beschäftigte, ihm zugeneigte Prominenz. Seine Heiligkeit ist nun auch beim Volk angekommen.

Nach Kaiser Beckenbauer und Alice Schwarzer nun auch der Dalai Lama als Autor für praktische Lebenshilfe in Bild?

Doch Bild wuchert mit der halben Wahrheit. Denn so exklusiv, wie die Plakataktion suggeriert, sind die Ratschläge des Dalai Lama an Bild-Leser nicht. Die große Serie mit dem Titel „Der Dalai Lama schreibt in Bild“ ist der schlichte Nachdruck eines bereits im März im Diogenes Verlag erschienenen Buchs Seiner Heiligkeit mit dem Titel „Ratschläge des Herzens“. Die ganze Aktion ein gelungener Werbefeldzug für das Buch – und natürlich für Bild. Denn Seine Heiligkeit als Autor zu haben, das adelt.

Wie viel der Diogenes Verlag für die Abdruckrechte bekam, will er nicht verraten. Nur so viel: Das Honorar soll einem humanitären Projekt zufließen, nämlich der Ropka-Stiftung für Straßenkinder. Aber wozu sich darüber Gedanken machen: „Wenn einige in der Gesellschaft Erfolg haben, ist das ein Gewinn für uns alle“, wird der Dalai Lama in Bild zitiert, und zwar mit dem „Ratschlag des Herzens für alle, die neidisch sind“.

EDITH KRESTA