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Archiv-Artikel

NRW-Regierung auf dem antizyklischen Weg

Landeskabinett beschließt höhere Neuverschuldung. Finanzminister Dieckmann: „Wir können den Aufschwung nicht herbeisparen.“ Opposition: „Kartenhaus fällt zusammen“. Grüner Wirtschaftsexperte Sagel fordert „Millionärssteuer“

DÜSSELDORF taz ■ NRW macht neue Schulden, um den erhofften Wirtschaftsaufschwung nicht kaputt zu sparen. Das rot-grüne Kabinett hat wegen der konjunkturbedingten Steuerausfälle einen Nachtragshaushalt für das Etatjahr 2004 beschlossen. Statt 5,2 Milliarden muss das Land 6,1 Milliarden Euro an neuen Krediten aufnehmen. „Zur Lösung unserer finanzpolitischen Probleme brauchen wir ein höheres Wirtschaftswachstum“, verteidigte NRW-Finanzminister Jochen Dieckmann (SPD) am Mittwoch die Neuverschuldung.

Weil das Land im Doppelhaushalt 2004/05 strukturelle Einsparungen vorgenommen habe, seien weitere Kürzungen jetzt nicht verkraftbar, so Dieckmann. „Wir können den Aufschwung nicht herbeisparen.“ Das Schlechteste, was man jetzt tun könnte, wäre der Versuch, die geringeren Steuereinnahmen durch Ausgabenkürzungen in gleicher Höhe kompensieren zu wollen. „Damit würden wir den jetzt endlich in Gang kommenden Konjunkturmotor nur abwürgen“, sagte der Minister. Für die CDU-Opposition hat Dieckmann keinen seriösen Haushalt vorgelegt, sondern ein „Kartenhaus“ gebaut, das nun in sich zusammen falle. Der Verschuldungskurs sei „finanzpolitisch falsch und moralisch nicht verantwortbar“, so CDU-Experte Helmut Diegel. FDP-Fraktionschef Wolf sagte zum Nachtragshaushalt: „Deutlicher kann die Regierung gar nicht beweisen, dass sie es einfach nicht kann.“

Unterstützung bekommt Dieckmann vom Koalitionspartner. Rüdiger Sagel, wirtschaftspolitischer Sprecher der grünen Landtagsfraktion, fordert in einem der taz vorliegenden Positionspapier eine sozial gerechte Wachstumspolitik. „Um die schwache Konjunktur nicht noch weiter zu drosseln, hilft Sparen, Streichen, Kürzen wachstumspolitisch nicht weiter“, so Sagel. Vielmehr sei es notwendig, „antizyklisch zu handeln“.

Sagel schlägt zudem eine Initiative zur Einführung der Vermögenssteuer vor. Durch eine „Millionärssteuer“ könne der Staat mindestens zwei Milliarden Euro einnehmen, hofft der Landtagsabgeordnete. Die Realisierungschancen seiner Vorschläge bewertet Sagel skeptisch: „Die aktuelle Debattenlage“ verspreche keine tatsächliche Besserung. MARTIN TEIGELER