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Archiv-Artikel

Italienische radikale Linke steht vor der Spaltung

Vertreter des Minderheitsflügels der Rifondazione Comunista verlassen Parteigremien. Parteineugründung geplant

ROM taz ■ Italiens stärkste radikal linke Partei, Rifondazione Comunista, steht unmittelbar vor der Spaltung. Auf der Vorstandssitzung am Montagabend erklärten die Vertreter des Minderheitsflügels, der jedoch fast die Hälfte der Mitglieder hinter sich hat, den Rückzug aus allen Parteigremien.

Der Niedergang der „antagonistischen Linken“ in Italien setzt sich damit scheinbar unaufhaltsam fort. Noch vor zwei Jahren bildeten Rifondazione Comunista mit den „Comunisti Italiani“ und den Grünen den Linksaußenflügel der Koalition unter Premier Prodi. Die drei Parteien kamen auf 10 Prozent, Rifondazione stellte mit Paolo Ferrero den Sozialminister und mit ihrem Star Fausto Bertinotti den Präsidenten des Abgeordnetenhauses.

Entstanden war Rifondazione 1991: Als nach dem Fall der Berliner Mauer die glorreiche KPI den Abschied vom Kommunismus und die Umgründung zur Partei der Linksdemokraten beschloss, versammelten sich in der Abspaltung der Rifondazione Comunista diejenigen, die die Wende nicht mittragen mochten. 1994 wählte die Partei Fausto Bertinotti zum Vorsitzenden, einen Exgewerkschafter.

Seither arbeitet sich die Partei am schwierigen Verhältnis zur gemäßigten Linken des Landes ab. Im Spagat zwischen Koalitionsfähigkeit und politischem Realismus sowie dem Anspruch auf Vertretung „antagonistischer Instanzen“ half sie Romano Prodi 1996 per „externe Unterstützung“ ins Amt des Ministerpräsidenten, um ihm dann 1998 die Unterstützung zu entziehen. 2006 war Rifondazione wieder auf Seiten Prodis – und wurde diesmal sogar Regierungspartei.

Auf europäischer Ebene galt die geschickt agierende Partei als Vorbild. Bertinotti wurde 1999 Chef des Parteienverbundes der „Europäischen Linken“.

Doch in den Regierungsjahren 2006–2008 zahlte die Partei einen hohen Preis für ihre Politik des Spagates. Ein Teil ihrer Anhänger fand ihre Politik zu brav und gemäßigt, der andere machte den koalitionsinternen Konfliktkurs gegenüber Premier Prodi für die politischen Schwierigkeiten der Regierung verantwortlich. Kalt erwischt wurde Rifondazione von der Aufkündigung des Koalitionsbündnisses durch die – aus dem Zusammenschluss von Linksdemokraten und der Mittepartei „Margherita“ entstandene – „Demokratische Partei“. Das italienische Wahlrecht mit seinen Sperrklauseln zwang so die kleinen radikal linken Parteien bei den Neuwahlen 2008 in ein Listenbündnis, die „Regenbogenlinke“. Am Ende stand ein Debakel: 3,3 Prozent und die Verbannung der Kommunisten aus dem Parlament.

Statt durchzustarten, zog es die Partei vor, sich selbst zu zerfleischen. Ex-Sozialminister Paolo Ferrero gab die Losung „Zurück zu klarer kommunistischer Identität“ aus – und gewann hauchdünn auf dem Parteitag im Juli 2008. Sein Gegenspieler Nichi Vendola will eine neue Linkspartei schaffen, zusammen mit Grünen und den Linkssozialisten der „Demokratischen Linken“. Er erzielte bei den Urwahlen unter den Mitgliedern fast 48 Prozent.

Als nun die Parteiführung den Chefredakteur der Parteizeitung – einen Vendola nehestehenden Journalisten – ablöste, kam es zum endgültigen Bruch. Auf der Vorstandssitzung warfen die Flügel einander „Stalinismus“ vor. Die Mehrheit wird die kommunistische Identität hochhalten, die Minderheit ruft zur Gründung einer neuen politischen Kraft auf. MICHAEL BRAUN