: Abrücken von Howards Weg
Die australische Labor-Opposition verspricht außenpolitischen Kurswechsel, falls sie die bis Jahresende geplanten Wahlen gewinnt: baldiger Truppenabzug aus Irak
BERLIN taz ■ Im Falle eines Wahlsiegs will Australiens Labor-Partei außenpolitisch deutlich andere Akzente setzen als die seit 1996 regierende konservative Koalition aus Liberalen und Nationalen unter John Howard. Dies beinhalte einen baldigen Abzug australischer Truppen aus dem Irak, eine Stärkung multilateraler Politik im Rahmen der Vereinten Nationen sowie eine engere Kooperation mit Asien, sagte Labors Schattenaußenminister Kevin Rudd in Berlin der taz.
Auch mit der EU und europäischen Ländern suche Labor laut Rudd eine stärkere Kooperation. Diese solle die unter den Konservativen erfolgte Konzentration auf die Partnerschaft mit den USA ergänzen. Laut Rudd böten sich eine australisch-europäische Zusammenarbeit vor allem bei Sicherheitsfragen, Entwicklungszusammenarbeit und Umweltschutz an.
Bereits im März hatte Oppositionsführer und Labor-Chef Mark Latham angekündigt, spätestens bis Weihnachten die noch 850 australischen Soldaten aus der Golfregion, davon etwa 250 im Irak, abzuziehen. „Wir wollen uns weiter im Irak humanitär engagieren“, verspricht Rudd, der seit 1998 im Bundesparlament sitzt und Labors Außenminister würde. „Wir haben den Irakkrieg von Anfang an abgelehnt“, so Rudd. Der Krieg sei von falschen Prämissen ausgegangen. Jetzt sollte die Teilnahme an der Besatzung beendet werden. Sollten am 1. Juli die Iraker wirklich die Regierungsgewalt bekommen, dürften ausländische Truppen nicht länger Besatzer sein. Labor wünscht eine UN-Blauhelmtruppe mit starker Beteiligung arabischer Länder. Daran werde sich Australien aber nicht beteiligen, weil Labor sich auf nichtmilitärische Hilfe konzentrieren wolle, so Rudd.
In einer Irak-Grundsatzrede bezeichnete Premierminister Howard eine solche UN-Truppe am Mittwoch als „unrealistisch“. Er verteidigte Australiens Truppenpräsenz als wichtigen Beitrag im Kampf gegen den Terror. Ein Abzug sei dagegen ein „Propagandasieg für den internationalen Terrorismus“. Zur Frage, wie lange Australiens Truppen bleiben sollten, sagte Howard nur: „Bis der Job getan ist.“ Dazu meint Rudd: „Howard sollte definieren, was eigentlich genau unser Job im Irak ist.“
Labors sicherheitspolitische Prioritäten liegen laut Rudd im Pazifik, wo Australien sich mit Soldaten und Polizisten in Osttimor, den Salomonen und bald wohl auch Papua-Neuguinea engagiert. Dabei sei Australien aber nicht der regionale „Hilfssheriff der USA“. Diesen von Howard geprägten Begriff lehnt Rudd ab. „Howard suchte Sicherheit vor Asien,“ sagt Rudd. „Wir dagegen suchen Sicherheit in Asien.“ Engere Beziehungen zu Asien seien gut für die Sicherheit und für die Wirtschaft, so Rudd, der selbst Sinologe ist. Bereits Howards sozialdemokratischer Amtsvorgänger Paul Keating hatte versucht, Australien außenpolitisch stärker in Asien zu verankern, was Howard ablehnte.
Die Wahlen, deren genauen Termin die Regierung festlegt, müssen bis Jahresende erfolgen. Rudd rechnet mit dem Wahlgang zwischen August und Oktober. Umfragen sehen Labor zu Zeit vorn. SVEN HANSEN