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Archiv-Artikel

Unsozial und unsolide

Mit fragwürdigen Projekten gefährde die Westdeutsche Landesbank ihr Kapital, kritisieren Umweltschützer

KÖLN taz ■ Die Geschäftspolitik der Westdeutschen Landesbank (WestLB) gerät zunehmend ins Zwielicht. Nachdem der Vorstandsvorsitzende Jürgen Sengera bereits vorige Woche wegen unterschiedlicher Auffassungen zur zukünftigen Geschäftspolitik seinen Hut nehmen musste und Berichte über mögliche weitere Milliardenverluste wegen riskanter Deals mit Flugzeuggesellschaften berichtete, griffen gestern gleich drei Nichtregierungsorganisationen (NGO) die „Zockermanier“ der teilprivatisierten nordrhein-westfälischen Landesbank an.

Einige der mit WestLB-Mitteln unterstützen Projekte seien unseriös und würden internationale Konventionen verletzen, so die Umweltorganisationen. Der Verlust von 1,7 Milliarden Euro im Geschäftsjahr 2002 „überrascht uns nicht im Geringsten“, sagte Werner Paczian von „Rettet den Regenwald“. Gemeinsam mit „Urgewald“ und „Südwind“ arbeitet „Rettet den Regenwald“ derzeit an einer Studie über die Finanzgeschäfte der WestLB in Asien, Afrika und Lateinamerika. Die NGOs untersuchen rund ein Dutzend von der Landesbank eingefädelte oder finanzierte Bauvorhaben.

Mitte September soll die Studie fertig sein. „Wegen der aktuellen Entwicklung“ stellten Paczian, Heffa Schücking von „Urgewald“ und Steffen Jörg von „Südwind“ in einem kurzen Zwischenbericht drei WestLB-Projekte vor: den seit Jahren umstrittenen Bau einer Ölpipeline in Ecuador, die Lihir-Goldmine in Papua-Neuguinea und einen Staudammbau im Himalaya. Bei allen drei Bauvorhaben würden Umwelt- und Sozialstandards unterlaufen und hohe finanzielle Risiken eingegangen, kritisierten die NGOs. So würde der aus den Arbeiten in der Lihir-Goldmine entstehende Abfall ins Meer geleitet und zerstöre dort Flora und Fauna. Damit verstoße der auf Betreiben der WestLB mit einem Kredit von 110 Millionen US-Dollar finanzierte Bergbau gegen die „London Dumping Convention“ und die „South Pacific Convention“, erläuterte Heffa Schücking von „Urgewald“. Ähnlich wie das 1997 fertig gestellte Minen-Projekt in Papua-Neuguinea würde nach Schückings Worten auch der in Kaschmir geplante Staudammbau massive ökologische und soziale Negativfolgen haben. Denn der „Sawalkote“-Staudamm soll „Urgewald“ zufolge auf erdbebengefährdetem Gebiet gebaut werden.

Mit erdbebengefährdeten Gebieten hat die WestLB bereits Erfahrung. Auch die Ölpipeline im ecuadorianischen Regenwald, die teils durch geschütztes Amazonasgebiet läuft und bei deren Bau bereits mehrere Arbeiter getötet wurden, hatten Umweltorganisationen seit Baubeginn heftig kritisiert. Die WestLB war selbst von der Weltbank zur Einhaltung der Sozial- und Umweltstandards gemahnt worden. Nach Paczians Einschätzung auch finanziell ein „Tretminenprojekt“, da bereits eine Klage von Umweltschützern gegen die Betreiberfirma OCP eingereicht worden sei. Müsste die OCP den geforderten Schadenersatz in Höhe von 600 Millionen US-Dollar zahlen, könnte die WestLB nach Einschätzung Paczians auf ihrem 500-Millionen-Euro-Kredit sitzen bleiben.