Alles eine Frage des Geldes

In Kopenhagen wird sich ab heute eine Konferenz damit beschäftigen, ob es mehr lohnt, den Hunger zu bekämpfen oder den Klimawandel – inklusive Gegenkonferenz

KOPENHAGEN taz ■ Gleich zwei Konferenzen, die den Zustand unseres Globus zum Thema haben, finden derzeit in Kopenhagen statt. Heute beginnt „Copenhagen Consensus“, auf der eine Reihe von Wirtschaftswissenschaftlern eine Art Prioritätenliste aufstellen wollen, welche globalen Probleme die Staaten dieser Welt zuerst lösen sollten. Und als Reaktion auf diese Veranstaltung wurde gestern von verschiedenen NGO-Gruppen „Global Conscience“ eröffnet.

Dass die 50 Milliarden Dollar, die derzeit jährlich an Entwicklungshilfe fließen, zu wenig sind, darüber sind sich alle einig. Nur: „Copenhagen Consensus“ hält eine Steigerung dieser Summe für unrealistisch und will deshalb ein Ranking darüber erstellen, wo wenig Geld am meisten nützt. Die Ökonomen werden über Klima, Ausbildung, Migration, Handelshindernisse, Krieg, Wasser und Hunger diskutieren. Am Freitag werden sie dann eine Prioritätenliste verabschieden. Das Motto von „Global Conscience“: Es ist genügend Geld vorhanden, wie zum Beispiel die Summen zeigen, die Irakkrieg oder Raumfahrt-Programme verschlingen. Svend Auken, ehemaliger dänischer Umweltminister: „Für das, was eine Woche Irakkrieg kostet, können wir allen Menschen in Afrika südlich der Sahara eine funktionierende Wasserversorgung aufbauen.“ Auken wirft Bjorn Lomborg, dem umstrittenen Leiter des staatlichen dänischen „Instituts für Umweltbewertung“ und Initiator von „Copenhagen Consensus“ eine Alibifunktion für politisches Nichtstun vor. Jørn Jespersen, umweltpolitischer Sprecher der Linkssozialisten, stimmt zu: „Lomborgs Ansatz wird von den Machthabern dazu gebraucht, Themen wie Klimapolitik und ökologischen Landbau nach unten zu priorisieren. Wir brauchen politische Instanzen, um die Ziele des UN-Millenniumplans zu realisieren.“ So gebe es bereits eine Prioritätenliste in Form dieser von 191 UN-Mitgliedsländern verabschiedeten „Millenniumziele“. Dazu gehört etwa die Halbierung der Anzahl von Menschen bis 2015, die keinen Zugang zu reinem Trinkwasser haben. Was fehle, seien „nur“ die zusätzlich 40 bis 70 Milliarden Dollar jährlich zur Verwirklichung des UN-Plans.

Lomborg: „Gerne würden wir diese Ziele erreichen, aber es ist recht unrealistisch, sie alle zu realisieren.“ Er möchte das Ziel streichen, allen Kindern einen Schulbesuch zu ermöglichen, und stattdessen festlegen, dass die Zahl derer, die weniger als einen Dollar am Tag zur Verfügung haben, halbiert wird.

Doch selbst Danida, die Entwicklungshilfebehörde der dänischen Regierung, hält die Resultate der Lomborg-Konferenz schon von vornherein für unerheblich. Danida-Botschafter Carsten Staur: „Die Millenniumziele wurden in einer Reihe von Konferenzen in den Neunzigerjahren gründlich ermittelt und liegen fest.“ Auch seitens der EU-Kommission wurde vorab klar gemacht, dass „Copenhagen Consensus“ eine Privatveranstaltung sei, der man „weiter keine Bedeutung beimesse“, so Eva Hedlund, Sprecherin von EU-Umweltkommissarin Margot Wallström. Dei Kommissarin kommt übrigens nur zu „Global Conscience“. REINHARD WOLFF