: Ein Strahlemann mit verblassender Aura
Dubiose Geschäftsdeals könnten Österreichs Finanzminister Karl-Heinz Grasser demnächst sein Amt kosten
Karl-Heinz Grasser war bei seiner Vereidigung 2000 mit 31 Jahren der jüngste Finanzminister Österreichs. Heute ist er der einzige der damaligen FPÖ-Regierungstruppe, der noch im Kabinett ist. Allerdings als „parteiloser“ Experte auf dem Ticket der ÖVP.
Dass Bundeskanzler Wolfgang Schüssel den smarten Kärntner dem Koalitionspartner abwerben konnte, dürfte der ÖVP die entscheidenden Stimmen bei ihrem Wahlsieg vom vergangenen November beschert haben. Der Strahlemann hatte 2001 mit dem ausgeglichenen Haushalt das Logo „Nulldefizit“ kreiert, das ihm den Ruf des effizienten Ökonomen einbrachte, und war lange der beliebteste Politiker.
Jetzt ist der Lack ab. Nicht nur, dass sich das Nulldefizit als Marketing-Gag entpuppte. Auch die Aura der Redlichkeit des Managers, der sich als Gegensatz zum traditionellen Politiker zu positionieren verstand, ist verblasst.
Vor einem Monat stellten die Grünen erneut die Frage, warum der Finanzminister, der anfangs gegen den Kauf von Abfangjägern eingetreten war, gegen eine hausinterne Entscheidung des Verteidigungsministeriums ausgerechnet die teuerste Variante – den Eurofighter – durchdrückte. Betriebskosten, die über die der bisherigen Abfangjäger hinausgehen, will er aus dem Budget seines Ministeriums bestreiten.
Ein Hauptprofiteur der mit dem Waffendeal verbundenen Gegengeschäfte ist Frank Stronach, austro-kanadischer Milliardär, zu dessen Magna-Konzern Grasser ein Rückkehrrecht hatte. Die Ermittlungen ergaben, dass die Industriellenvereinigung die Homepage Grassers mit mindestens 175.000 Euro sponserte. Zwischengeschaltet ist ein „Verein zur Förderung der New Economy“, dessen Chef Grassers Kabinettschef Matthias Winkler ist.
Obwohl der Verein die Rechte an der Web-Adresse www.karlheinzgrasser.at hält, beteuert der Minister, er habe damit nichts zu tun. Seine Babyfotos, die auf der Selbstdarstellungshomepage den Werdegang des New-Economy-Förderers dokumentierten, sind jetzt verschwunden. Staatsanwaltschaft und Finanzlandesdirektion ermitteln, ob Schenkungssteuer oder Einkommensteuer hinterzogen wurden.
Vom „gemeinnützigen“ Verein sind weitere Aktivitäten nicht bekannt. Grasser sucht die Gesellschaft der Reichen. Er jettet jedes Jahr zum Grand Prix nach Monte Carlo und nimmt Einladungen auf elegante Yachten an. Während seine Leistungen als Finanzminister umstritten sind, steht sein Marketing-Talent außer Zweifel. Vor allem, wenn es ums eigene Image geht.
In seinen dreieinhalb Amtsjahren hat der gelernte Autohändler 27 Millionen Euro an Honoraren für private Berater und Marketingaktionen verbraten. Ein weiterer Auftrag über 2,2 Millionen war unterschriftsreif. Die Kampagne, mit der die Bevölkerung „über die Notwendigkeit, Ziele und Auswirkungen der von der Regierung getroffenen Maßnahmen informiert wird“, sollte an die Dr. Hochegger Kommunikationsberatung gehen, die schon die Homepage gestaltete.
Dieser Deal wurde suspendiert. Auf das Rückkehrrecht zu Magna hat Grasser verzichtet. Die Opposition bereitet einen weiteren Misstrauensantrag vor. Vorerst stützt die ÖVP Grasser noch. Aber die FPÖ zieht nur aus Koalitionsdisziplin mit. Die Freiheitlichen tragen ihm seine Fahnenflucht im Wahlkampf nach und könnten den Abgang des einstigen Prince Charming besiegeln. RALF LEONHARD