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Archiv-Artikel

Vom Machtkampf zur Bürgerkriegsmentalität

In Simbabwe verhärten sich die Fronten zwischen Staat und Opposition – wie einst zu Zeiten des Befreiungskrieges

„Jetzt, wo Tsvangirai auch im Gefängnis gesessen hat, ist er qualifiziert, zu regieren“

HARARE taz ■ Wiederholt sich die Geschichte? Seit knapp einem Vierteljahrhundert regiert in Simbabwe die ehemalige Befreiungsbewegung Zanu-PF (Zimbabwe Afrikanische Nationalunion/Patriotische Front), während das Vierteljahrhundert davor vom Krieg gegen die weiße Herrschaft gekennzeichnet war. Jetzt, nach 50 Jahren, scheinen vergangene Praktiken der Repression wieder in Mode zu kommen.

Als Robert Mugabe 1980 Simbabwe in die Unabhängigkeit führte, rief er zu Versöhnung und Vergebung auf und forderte Simbabwer aller Rassen, Ethnien, politischen Strömungen und Religionen dazu auf, zum Wohle des Landes zusammenzuarbeiten. Er sagte nicht, dass man nur dann an der Macht teilhaben könne, wenn man persönlich am Befreiungskrieg teilgenommen oder unter der politischen Unterdrückung des weißen Minderheitsregimes gelitten habe. Heute ist es Mugabe, der seine Kritiker einsperrt und die Bevölkerung mit Methoden des Guerillakrieges einschüchtert.

Dass Oppositionsführer Morgan Tsvangirai im Juni zwei Wochen lang im Gefängnis saß, war der bisherige Höhepunkt dieser Strategie. Für Mugabe ist Tsvangirais Partei MDC (Bewegung für Demokratischen Wandel) eine Marionette der Weißen und der früheren britischen Kolonialmacht. „Wo war Tsvangirai, als Mugabe für die Freiheit kämpfte, als seine Anhänger in mückenverseuchten Internierungslagern saßen?“, fragen Kader der Regierungspartei. „Wieso denkt er, dass er jetzt das Land regieren kann?“ Tsvangirai antwortet darauf, dass er genauso am Befreiungskrieg beteiligt war wie alle anderen schwarzen Simbabwer, die die Guerillas mit Lebensmitteln und Kleidung versorgten, als sie durch das Land zogen und sich vor der mechanisierten rhodesischen Armee und Luftwaffe im Busch verstecken mussten.

„Jetzt, wo Tsvangirai auch im Gefängnis gesessen hat, müsste er nach Mugabes Maßstäben qualifiziert sein, zu regieren“, lästert ein Anwalt in Harare. „Wir wollen nicht mehr hören, dass Tsvangirai nicht für sein Land gelitten habe.“ Der MDC-Chef verbrachte seine Haft in einer ungeheizten Gemeinschaftszelle mit 75 anderen, in Eisenketten.

Die Regierungspartei versuchte, die MDC mit Tsvangirais Inhaftierung zu erpressen. Sie sondierte wieder einmal die Möglichkeit einer Regierung der Nationalen Einheit. „Es gab verzweifelte Versuche hochrangiger Zanu-PF-Amtsträger, einen Dialog zustandezubringen“, so MDC-Generalsekretär Welshman Ncube. „Aber wenn jemand dachte, man könnte uns weichklopfen, indem man Tsvangirai einsperrt, war dies eine falsche Hoffnung. Gefangene können nicht mit ihren Wärtern verhandeln.“

Diese Taktik Mugabes glich der der weißen Siedlerregierung von Ian Smith in den 70er-Jahren, die vergeblich versuchte, Hardliner in der Befreiungsbewegung zu marginalisieren, um so genannte Moderate in den Vordergrund rücken zu lassen, mit denen dann ein Ausgleich angestrebt wurde. In den Augen der Bevölkerung von Harare erinnert auch die Art, wie Mugabes Sicherheitsapparat sich auf den Straßen benimmt, an diese längst vergangene Ära: Offener Protest wird brutal unterdrückt und man setzt darauf, dass sich eine verängstigte Bevölkerung mit dem Staat arrangiert.

Das funktioniert nicht, denn niemand ist vor den Milizen sicher. „Sogar Zanu-PF-Anhänger leiden unter den wahllosen Schlägertrupps“, berichtet ein Sozialarbeiter in der Hauptstadt. „Auch wenn man einigermaßen heil aus einem Angriff hervorgeht, ist jeder psychologisch mitgenommen. Zanu-PF verliert dadurch Anhänger. Das Problem der Zanu ist, dass sie denken, alle Stadtbewohner sind MDC und alle Landbewohner Zanu-PF. Das stimmt aber nicht.“

Gegen die Milizen der Regierungspartei stellen sich jetzt zunehmend Milizen der Opposition. In den Townships von Harare, wo die „Green Bombers“ genannten staatlichen Milizen vierundzwanzig Stunden am Tag patrouillieren, kommt es immer öfter zu Zwischenfällen. So wurde in Highfield ein Soldat gewaltsam entwaffnet und sein Bein wurde gebrochen.

GODFREY KARORO