Neuer Zugang zu Migrantinnen gesucht

Die autonomen Mädchenzentren in NRW wollen sich mehr um Mädchen mit Migrationshintergrund kümmern

Gelsenkirchen taz ■ Mädchen mit Migrationshintergrund stehen im Blickpunkt des Projektes „Mädchen in NRW“, das die Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) Autonome Mädchenhäuser/Feministische Mädchenarbeit NRW heute in Gelsenkirchen vorstellt. Die Angebote in den Mädchenhäusern und -zentren sollen besser als bisher auf die Bedürfnisse von Migrantinnen und Aussiedlerinnen zugeschnitten werden.

„Die Schere bei den Mädchen mit Migrationshintergrund wird immer größer“, sagt Renate Janßen, Projektleiterin von „Mädchen in NRW“. Die einen würden perfekt deutsch sprechen und vermehrt das Abitur machen. Doch der größere Teil der Mädchen – auch der jungen Aussiedlerinnen – sei in der eigenen Gemeinschaft eingeschlossen. Viele Mädchen muslimischer Herkunft würden zu Hause eingesperrt oder zwangsverheiratet. „Die kommen nicht zur Beratung, weil sie Angst haben“, weiß Janßen. Vor der eigenen Familie und vor der sozialen Kontrolle ihrer gesamten Community.

Zur Verbesserung der Hilfestellung sollen zunächst die speziellen Lebenslagen der Mädchen in den Einrichtungen der LAG evaluiert werden. 2005 werden daraus Handlungsmöglichkeiten formuliert, die den Sozialarbeiterinnen vor Ort als eine Art „Gebrauchsanweisung“ dienen sollen. Das Kinder- und Schulministerium unterstützt das Projekt mit jährlich 70.000 Euro. Autonome Mädcheneinrichtungen gibt es außer in Gelsenkirchen auch in Bielefeld, Düsseldorf, Herford und Köln.

In Zukunft wollen die Sozialarbeiterinnen vermehrt in die Schulen gehen. Denn im Gegensatz zu den Beratungsstellen werden die Präventivangebote an Schulen von Migrantinnen viel mehr genutzt. „Ein Glück, dass es die Schulpflicht gibt“, sagt Janßen. Auf diese Weise könnte man an die Mädchen leichter herankommen. Claudia Gertz, Geschäftsführerin des Gelsenkirchener Mädchenzentrums, versucht dem schon seit Jahren entgegenzusteuern: Ein mobiles Mädchenzentrum fährt dorthin, wo es brennt. „Machmal sind es Lehrerinnen, die anrufen, weil ein Mädchen ständig grün und blau geschlagen in die Schule kommt“, sagt die Sozialarbeiterin. Andere Mädchen würden auffällig, in dem sie selbst gewaltätig würden. „Meistens kehren sie ihre Wut jedoch gegen sich selbst“, stellt Janßen klar. Viele hätten Essstörungen. Weil sich die männlichen Migrantenjugendlichen immer auffälliger benähmen, seien die Probleme der Mädchen oft untergegangen.

Die LAG lädt heute zur Auftaktveranstaltung im Gelsenkirchener Kulturzentrum KAUE ein. Reden werden dort ab 18 Uhr Alberta Großmann-Rath vom Schulministerium und die Essener Erziehungswissenschaftlerin Yasemin Karakasoglu.

NATALIE WIESMANN