: Ein Hai bleibt ein Hai
Hosen runter: Random House schlägt dem Kartellamt vor, lediglich den Heyne Verlagzu übernehmen, und verzichtet auf andere Verlage aus der Ullstein-Heyne-List-Gruppe
Das Signal des Kartellamts Ende Mai war eindeutig: Sollte die zum Bertelsmann-Konzern gehörende Verlagsgruppe Random House den Antrag auf Übernahme der im Februar von Springer erworbenen Ullstein-Heyne-List-Verlage nicht entscheidend nachbessern, würde es der Übernahme nicht zustimmen. Der Grund: die nach dieser bislang in der deutschen Verlagslandschaft einzigartigen, weil größten Fusion ever entstehende marktbeherrschende Stellung von Random House auf dem Taschenbuchmarkt, die dann gut 40 Prozent betragen würde.
Nun hat man dieser Tage bei Random House auf den blauen Brief vom Kartellamt reagiert und einen neuen Vorschlag unterbreitet. Demnach wollen die Bertelsmänner zunächst auf die Übernahme der Verlage Ullstein, List, Econ, Claassen und Propyläen verzichten, zudem auf die Rechte an den Büchern der Bestsellerautorin Danielle Steel und noch ihren Reise- und Naturbuchverlag Sierra verkaufen.
Das wirkt zunächst sehr großherzig, ist aber scharf kalkuliert. Denn nicht verzichtet werden soll auf den vor allem auf Taschenbücher spezialisierten und dabei immens erfolgreichen Heyne Verlag. Er gilt als das eigentliche Objekt der Begierde von Random House, sein Name ziert nicht umsonst die Mitte der Ullstein-Heyne-List-Verlagsgruppe, und er sorgt jenseits aller Symbolik für mehr als die Hälfte des Jahresumsatzes der Springer-Verlage von geschätzten 158 Millionen Euro. So würde Random House zum einen durch den Verzicht auf einen Großteil der Springer-Verlage unter die magische, wettbewerbstechnisch bedenkliche Grenze von 30 Prozent kommen und hätte „nur“ noch 28 Prozent Marktanteil. Und könnte zum anderen immer noch sehr bequem seine Marktposition auf dem Taschenbuchmarkt ausbauen. Wie selbstverständlich über Bord geht so das einst von Random-House-Deutschland-Chef Jörg Pfuhl ausgegebene hehre Ziel, mit den vielen neuen Verlagen viele Diogenesse schaffen zu wollen, also viele erfolgreiche, aber anspruchsvolle Verlage. Ein Hai bleibt eben ein Hai, da helfen keine Zierfische.
Insofern hat diese neuerliche Wendung auch etwas von Hosenrunterziehen: Die Bertelsmänner signalisieren, dass es ihnen einzig um den Heyne Verlag und den Taschenbuchmarkt geht. Sie gestehen aber ein, dass sie ein Scheitern der Fusion mit aller Macht abwenden wollen: „Wir haben auf Druck des Kartellamts dieses Angebot gemacht“, sagt Verlagssprecher Tim Arnold. Und sie scheinen die Begründung des Kartellamts für ein mögliches Verbot akzeptiert zu haben: den Taschenbuchmarkt als eigenständigen Markt zu sehen und nicht nur als Teilmarkt.
Unklar bleibt, was mit Verlagen wie Ullstein oder Claassen geschehen soll – entweder sie werden verkauft, im Paket oder einzeln, was die völlige Zerschlagung der Springer-Gruppe zur Folge hätte. Gemunkelt wird von Interessenten aus Schweden und aus Frankreich. Oder die Verlage werden an eine Treuhandgesellschaft übergeben. Allerdings spielt man bei Random House in dieser Frage gern noch mit den Muskeln und behält sich vor, vor Gericht die Übernahme auch dieser Verlage erstreiten zu wollen. Als unausweichlich aber gilt der Gang zum Oberlandesgericht Düsseldorf, sollte das Kartellamt den neuen Plänen von Random House nicht zustimmen. Es würde ein langer Prozess folgen, der nicht gerade im Sinn und zum Nutzen der beteiligten Verlage wäre.
Andererseits vermelden auch die Berliner Zeitung und der Tagesspiegel kein „Land unter“ und machen munter weiter – beide Zeitungen befinden sich gerade in derselben Position wie die Ullstein-Heyne-List-Verlage. Wie auch immer: Die Übernahme-Show geht weiter. Erst mal haben nun die konkurrierenden Verlage wie Holtzbrinck, Lübbe, dtv oder Weltbild zwei Wochen Zeit, um eine Stellungnahme abzugeben; die Entscheidung des Kartellamts steht dann für Mitte August an. Und alles ist offener denn je.
GERRIT BARTELS