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Archiv-Artikel

LIBERIAS VERBRECHERISCHER PRÄSIDENT SOLLTE INS EXIL GEHEN DÜRFEN Freiflug nach Nigeria

Sage keiner, die Präsidenten Afrikas könnten einander nicht leiden. Äthiopiens Diktator Haile Mengistu Mariam genießt Exil in Simbabwe, Hissein Habré aus dem Tschad lebt ruhig in Senegal, und in Togo hat sich der im März gestürzte Ange-Felix Patassé aus der Zentralafrikanischen Republik niedergelassen. Und nun hat Liberias Charles Taylor ein zeitlich noch unbestimmtes Asylangebot aus Nigeria angenommen.

Dass das UN-Kriegsverbrechertribunal für Sierra Leone Taylor mit Haftbefehl belegt hat und nun lautstark protestiert, sollte niemanden stören. Äthiopien forderte in den 90er-Jahren vergeblich von Simbabwe die Auslieferung Mengistus, um ihm wegen Völkermordes den Prozess zu machen. Senegal blockierte vor drei Jahren ein extraterritoriales Verfahren gegen Habré, das weltweit Vorbildcharakter gehabt hätte. Und dass gegen Patassé der Internationale Strafgerichtshof ermittelt, ist seinen Gastgebern in Togo egal. Noch ein Verbrecher mehr, der aus dem höchsten Staatsamt in die Gefilde der Unantastbarkeit entschwebt, ändert an Afrikas Unrecht also auch nicht mehr viel. Es würde sogar Menschenleben retten, wenn ein sicheres Exil für Taylor den Krieg in Liberia zu einem schnellen Ende brächte.

Natürlich hätte Taylor einen Kriegsverbrecherprozess verdient. Doch die Ausstellung eines UN-Haftbefehls gegen ihn pünktlich zum Beginn einer Liberia-Friedenskonferenz Anfang Juni, die dann prompt platzte, war ein politisches Manöver. Und dass die UNO für den Krieg in Sierra Leone ein Sondergericht eingerichtet hat, nicht aber für den Krieg in Liberia mit seiner zehnfachen Opferzahl, zeugt von selektiver Wahrnehmung. Taylor gehört vor ein Liberia-Tribunal – mitsamt all seinen Warlord-Kollegen. Solange es das nicht gibt, kann ein Freiflug nach Nigeria nicht schaden. Vor zehn Jahren nahm Nigeria schon einmal einen liberianischen Warlord auf: Prince Johnson, der 1990 weltweite Berühmtheit erlangte, als er Liberias damaligem Präsidenten Samuel Doe vor laufender Kamera die Ohren abschneiden ließ und ihn zu Tode folterte. In Nigeria bekehrte er sich zum Christentum und wurde zum fundamentalistischen Prediger. Auch eine Art Strafe. DOMINIC JOHNSON