: Senat streicht Weihnachtsgeld
Mit einer Maßnahme gegen neu Eingestellte macht der Senat Druck auf die Gewerkschaft Verdi: Kein Pfennig Weihnachtsgeld, solange Verdi nicht einer Kürzung für alle zustimmt. SPD-Fraktion fordert den Senat zur Korrektur des Beschlusses auf
taz ■ „Der Senat will uns an den Verhandlungstisch zwingen, in dem er einen Sprengsatz in die Dienststellen legt“, schimpft Lutz Kokemüller, Sprecher der Dienstleistungs-Gewerkschaft Verdi in Bremen. Gestern beschloss die Landesregierung auf ihrer ersten ordentlichen Sitzung nach der Wahl, bei Neueinstellungen keinen Anspruch auf Weihnachts- und Urlaubsgeld in die Verträge hineinzuschreiben.
Wirkliche Neueinstellungen gibt es dabei nur wenige. „Das betrifft vor allem die Leute mit Zeitverträgen“, sagt Kokemüller. Deren Verträge müssen regelmäßig „neu“ gefasst werden. Nach der Senatssitzung meldete auch die haushaltspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Cornelia Wiedemeyer, Protest an.
Viel Geld spart der Senat durch die neue Regelung nicht. Insgesamt dürften rund 1.500 Zeitverträge vor allem im Uni- und Krankenhaus-Bereich betroffen sein. Der Senatsbeschluss zielt auf etwas ganz anderes: Eigentlich will der Senat das Weihnachtsgeld, das seit 1994 eingefroren ist und derzeit gut 80 Prozent eines Monatslohnes ausmacht, auf etwa 60 Prozent absenken. Der entsprechende Tarifvertrag ist gekündigt worden. „Wir sehen keinen Grund, über Kürzungen beim Urlaubs- und Weihnachtsgeld zu verhandeln“, sagt Kokemüller, und solange die Gewerkschaft nicht einer neuen Regelung zustimmt, gilt die alte: „Das können wir aussitzen bis zum jüngsten Tag.“ Wenn nun über Jahre neue Mitarbeiter ganz ohne Weihnachtsgeld in die Dienststellen kommen, könnte es Streit geben: Der Senat hat angekündigt, dass den neu eingestellten Angestellten das (reduzierte) Weihnachtsgeld nachbezahlt wird, sobald ein neuer Tarifvertrag gilt. „Neben Bremen versucht auch die CSU in Bayern, durch diese Maßnahme den Druck auf die Gewerkschaften zu erhöhen“, sagt Kokemüller. Niedersachsen wartet darauf, was die Tarifverhandlungen ergeben, die unter der Federführung des Bayerischen Finanzministers demnächst stattfinden sollen.
Am 11. Juli steht zudem eine Öffnungsklausel auf der Tagesordnung des Bundesrates, nach der die Länder für die Beamten durch eine Änderung des Beamtenbesoldungsgesetzes die Urlaubs- und Weihnachtsgeldansprüche reduzieren dürfen. Nur für die Arbeiter im Öffentlichen Dienst soll nach dem jetzigen Diskussionsstand alles beim Alten bleiben.
„Verwundert und empört“ hat die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bürgerschaftsfraktion, Conny Wiedemeyer, gestern auf den Senatsbeschluss zum Urlaubs- und Weihnachtsgeld reagiert. Wiedemeyer, die auch haushaltspolitische Sprecherin der Fraktion ist, meinte: „In den Koalitionsverhandlungen ist ausdrücklich festgehalten worden, dass Bremen bei allen personalwirtschaftlichen Maßnahmen den engen Schulterschluss mit Niedersachsen sucht und keine Vorreiterrolle übernehmen wird. Nun stelle ich fest: Der Senat will nicht nur – wie alle Länder – das Urlaubsgeld bei Neueinstellungen streichen. Nein, Bremen will darüber hinaus auch das Weihnachtsgeld bei Angestellten und Azubis, die ab dem 1. August anfangen, einsparen. Damit schießt der Senat weit übers Ziel hinaus.“
Wiedemeyer ist auch über den Stil verärgert: Der Senat hat das brisante Thema nicht in einer ordentlichen Beratung vorbereitet, an der die Fraktionen gewöhnlich vorab beteiligt sind. Per Tischvorlage wurde der Beschluss durchgezogen, die SPD-Bürgerschaftsfraktion sei erst am Dienstag vor vollendete Tatsachen gestellt worden. Der SPD-Fraktionsvorstand sucht schon beim ersten Senatsbeschluss die Kraftprobe. Wiedemeyer: „Ich fordere den Senat vor dem Hintergrund der in den Koalitionsverhandlungen gemachten Zusagen auf, seinen Beschluss zu revidieren!“ Klaus Wolschner