: Die Immobiliengesellschaft dankt
Ursprünglich waren die Wohnungen der Sparkassen-Stiftung „Sparer Dank“ in Schwachhausen für sozial Bedürftige gedacht gewesen. Jetzt wurden sie privatisiert – und die Bewohner bekommen eine 20-prozentige Mieterhöhung aufs Auge gedrückt
Bremen taz ■ Die Bewohner der Kulenkampffallee 99a in Schwachhausen sind zornig. Acht Nachbarn, alle Senioren – die Älteste 86 – sitzen in der Wohnung von Helene Kohl (Name geändert). Vor ihnen auf dem Tisch liegt die Post des Vermieters. Der hat ihnen eine 20-prozentige Mieterhöhung verpasst. Die SeniorInnen sind entsetzt.
Helene Kohl beispielsweise. Vor acht Jahren war sie in den Block an der Kulenkampffallee gezogen. Damals bekam sie einen „Überlassungsvertrag“ der Stiftung „Bremer Sparer Dank“, einer „mildtätigen, gemeinnützigen Stiftung“, die die Sparkasse Bremen 1955 auf Initiative von Bürgermeister Wilhelm Kaisen gegründet hatte. Das Ziel: „Wohnungen zu schaffen für Bürger, denen es trotz aller Anstrengungen, die auf dem Gebiete des Wohnungsbaues unternommen werden, bisher nicht gelungen ist, in den Besitz einer angemessenen Wohnung zu kommen“. Die Wohnanlage im nördlichen Schwachhausen mit rund 429 Mietwohnungen sollte „Personen mit geringem Einkommen“ zugute kommen, die „als bedürftig im Sinne der Abgabenordnung“ galten oder nicht mehr arbeiten konnten.
Vorbei. Im November 2003 unterrichtete die Brebau als Hausverwalter die Mieter der Kulenkampffallee, dass ihre „Betreuungsleistungen“ endeten. Die Sparkasse nämlich hatte den Zweck der Stiftung „Sparer Dank“ um die „Förderung von Kunst, Kultur und Denkmalschutz“ erweitert. Sie kaufte Immobilien in der Böttcherstraße und veräußerte im Gegenzug Grundbesitz in Schwachhausen.
Kurz vor Weihnachten flatterte den Mietern ein Schreiben des neuen Eigentümers „Kulenkampffallee in Schwachhausen GbR“ ins Haus – dahinter stecken die Bremer Baugesellschaft, die IMOGRUND und die Vermögens- und Verwaltungsgesellschaft NTH: „Unsere Gesellschaften führen seit vielen Jahren die Privatisierung von Wohnanlagen durch“, stand da. Dies erfolge „grundsätzlich sozialverträglich mit der Rücksichtnahme auf die individuelle Situation der Mieter“. In Kürze gebe es „eine moderate Mieterhöhung“. Fettgedruckt hieß es weiter: „Wir versichern Ihnen, dass Sie ganz beruhigt die Weihnachtszeit genießen und positiv in das neue Jahr blicken können.“
Doch im März redete der neue Hausverwalter, die Böttcherstraßen GmbH, Tacheles: „Mieterhöhung gemäß § 558 BGB“ stand lapidar im Betreff. Um etwa 20 Prozent stiegen die Mieten zum 1. Juni 2004. Helene Kohl zahlt statt 275 Euro Kaltmiete jetzt 330 Euro. Obwohl die Mieter bis Ende Mai Zeit hatten, der Mieterhöhung zuzustimmen, bekamen sie schon Anfang Mai Mahnschreiben – einen neuen Mietvertrag haben die Bewohner bis heute nicht.
Sie versuchen mit einer „Unterschriftenliste“ mobil zu machen: „Da wir jetzt von der gemeinnützigen Stiftung an einen Privat-Investor verkauft wurden“, heißt es in dem Protestschreiben, „sollen wir dem allgemeinen Trend entsprechend der Profitmaximierung dienen.“ Doch seien sie „eine besonders schützenswerte Klientel, die in der Nachkriegszeit Aufbau-Arbeit geleistet und wenig verdient hat“, und durch die Mieterhöhung in „akute Not“ gerate.
Die neuen Hausverwalter der Böttcherstraßen GmbH reagierten kühl. Manche Wohneinheiten seien bislang unter drei Euro pro Quadratmeter vermietet worden, sagt Geschäftsführer Michael Bittner. Neuvermietungen hingegen lägen dort bei 7 Euro: „Da ist ein riesiges Delta.“ Doch beteuert Bittner, dass „so gut wie sicher“ keiner der jetzigen Mieter die Kündigung befürchten müsse.
Schaut man sich im Internet die Homepage einer der zuständigen Immobilienfirmen an, sieht das freilich anders aus: „Die Wohnungen werden sowohl einzeln als auch im Paket angeboten“, heißt es da – „für private Interessenten ebenso wie für Investoren.“ Kapitalanleger dürften „mit einer überdurchschnittlichen Rendite rechnen“. Als Eigennutzer wiederum „genießen Sie die vorteilhafte Lage“. M. Jox