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Archiv-Artikel

Anschlag torpediert Nahost-Verhandlungen

Dschihad leugnet Beteiligung an Attentat in Israel. Palästinensische Differenzen über politische Gespräche

JERUSALEM taz ■ Die palästinensische Gruppe, die sich im Namen des Islamischen Dschihad zu dem Bombenattentat bei Tel Aviv am Montagabend bekannt hat, agiert offensichtlich auf eigene Faust. Die Führung des Islamischen Dschihad wies jede Verbindung zu dem Anschlag von sich und erklärte sich weiter an die Waffenstillstandserklärung von vergangener Woche gebunden.

Die im nördlichen Westjordanland agierende Zelle kündigte in einem Schreiben an die Nachrichtenagentur AP hingegen „schwere Konsequenzen“ an, sollten die palästinensischen Häftlinge nicht umgehend aus den israelischen Gefängnissen entlassen werden. Bei dem Attentat riss der Täter eine 65-jährige Israelin mit in den Tod.

Ein Sprecher des israelischen Premierministers Ariel Scharon kommentierte, das Attentat beweise, dass die Waffenstillstandsverkündung „nicht das Papier wert ist, auf dem sie geschrieben steht“. Die Frage der Amnestie für palästinensische Häftlinge ist zweifellos eine große Hürde für den internationalen Friedensplan und könnte, so die Sorge von Hischam Abdul Raseq, Minister für Gefangenen-Angelegenheiten, die „Roadmap“ schon im Anfangsstadium scheitern lassen.

Für heute war ein weiteres Treffen zwischen Scharon und dem palästinensischen Ministerpräsident Machmud Abbas (Abu Masen) geplant, bei dem auch die Namenslisten der für die Entlassung vorgesehen Häftlinge übergeben werden sollten. Abu Masen bat jedoch um eine Verschiebung des Termins, um zunächst seine Kritiker zu beruhigen, denen offenbar sein Verhandlungsstil missfällt.

Nach einer Kontroverse im Fatah-Zentralkomitee am Montagabend hat Abu Masen nach Informationen der Zeitung Ha’aretz in einem Brief an Palästinenserpräsident Jassir Arafat seinen Rücktritt aus dem Komitee angeboten. Offenbar hatte auch die Tatsache, dass zwei Kabinettsmitglieder den israelischen Justizminister Tommi Lapid in dessen Ostjerusalemer Amtssitz besuchten, für böses Blut innerhalb der Fatah gesorgt, da dies einer Anerkennung der israelischen Souveränität über Ostjerusalem gleichkäme.

Abu Masen bat Berichten zufolge Arafat um Vorschläge für eine bessere Verhandlungsführung. Zu wenig, zu langsam, schimpfen nicht nur religiöse Fundamentalisten, deren Anhänger, laut israelischem Regierungsbeschluss vom Sonntag, für eine Entlassung nicht in Frage kommen. Von den noch 6.000 Inhaftierten stehen derzeit ganze 350 für eine Amnestie zur Debatte, nachdem der israelische Inlandsgeheimdienst Schin Beth die Minister dazu anhielt, Mitglieder von Oppositionsgruppen wie Hamas, Dschihad und der Volksfront zur Befreiung Palästinas von der Amnestie auszuschließen. Palästinenser, die direkt an Gewaltakten beteiligt waren, bleiben ebenfalls in Haft.

Selbst diese kleinen Konzessionen wurden nur mit einer knappen Regierungsmehrheit und infolge der Intervention von Tommi Lapid möglich, der seine Parteifreunde unter Druck setzte. Infolge des Teilabzugs israelischer Truppen aus dem Gaza-Streifen und aus Bethlehem erwägt die ägyptische Regierung Berichten zufolge die erneute Entsendung eines Botschafters nach Tel Aviv. Allerdings knüpft die Regierung in Kairo die Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen an eine Fortsetzung des politischen Prozesses. Der ägyptische Botschafter war Ende 2000 abgezogen worden. SUSANNE KNAUL