: Der letzte Sommer der Strandbar Mitte
Vor zwei Jahren öffnete im Monbijoupark die erste Strandbar an der Spree. Sie war als Zwischennutzung für einen Sommer gedacht, um ein Theater mitzufinanzieren. Im Herbst soll sie einer lang geplanten Uferpromenade weichen
Seit August 2002 ist sie Bestandteil der Berliner Sommerkultur: am Rande des Monbijouparks gelegen, mit Blick auf die Museumsinsel. Die Strandbar Mitte, die „Mutter aller Strandbars“, wie sie ein Berliner Boulevardblatt jüngst benannte, ist weit über Berlin hinaus bekannt. Sie gilt als Szenetreffpunkt, ist in diversen Reiseführern verzeichnet und das Vorbild vieler weiterer künstlicher Strände, ob in Berlin, Düsseldorf oder Hamburg. Doch ihre Zeit ist begrenzt, im Herbst ist Schluss. Einige freuen sich schon drauf.
Die Strandbar Mitte ist nämlich umstritten. Die direkten Anwohner aus der Monbijoustraße zum Beispiel wünschen sie lieber heute als morgen weg: Laue Sommernächte sind für sie in den letzten zwei Jahren vor allem laut. Auch viele ständige Nutzer des Monbijouparkes sind von der Strandbar wenig begeistert. Der dient, trotz der aufgestellten Dixi-Klos, vielen Besuchern der Strandbar als Pissoir. Vor allem der angrenzende Kinderspielplatz ist betroffen.
Zudem präsentiert die Strandbar den Volkspark auch als Ort für nächtliche Spontanpartys. Die Folge: Der Park ist verdreckt, die Mülleimer quellen über, die Rasenfläche ist abgetreten. Der auch tagsüber extrem genutzte Park verträgt die nächtliche Belastung nicht. „Hier herrscht so eine Art Dauer-Love-Parade“, so formuliert es ein Anwohner.
So beliebt der Park ist, so begehrt ist er aber auch. So lagen dem Bezirk Mitte Ende der 90er-Jahre mehrere Anfragen von Investoren vor, die am Rande des Parkes gerne Luxusimmobilien errichten wollten. Der damals zuständige Bezirksstadtrat von Mitte war Thomas Flierl (PDS), der heutige Kultursenator.
Er genehmigte nach langen Debatten einen Neubau auf der östlichen Seite des Geländes, am Monbijouplatz. Dafür übernahm der Investor unter anderem die Kosten der dringend erforderlichen Instandsetzung des Kinderschwimmbades im Monbijoupark. Alle anderen Projekte lehnte der Bezirk ab. Ein Bebauungsplan wurde aufgestellt, der Park sollte von kommerziellen Nutzungen verschont bleiben.
Dann kam die Strandbar. Sie erhielt eine Sondererlaubnis, zunächst nur für einen Sommer. Es ging um Kultur, um Theater: Das „Hexenkessel Hoftheater“, zu Beginn der 90er auf dem Hof eines besetzten Hauses in Prenzlauer Berg entstanden, suchte ein neues Sommerquartier und hatte das ungenutzte Dach des alten Bunkers an der Monbijoustraße entdeckt – und die brachliegende Baustelle an der Spree direkt daneben. Die war eingezäunt, für den Weiterbau der Uferpromenade fehlten die Mittel. Einen Sommer lang sollte die Kultur die Baustelle besetzen und aus den Erträgen der Strandbar den Theaterbetrieb subventionieren dürfen.
Aus dem einen Sommer ist jetzt der dritte geworden, nach zähen Verhandlungen über Klohäuschen, nächtliche Beleuchtung des Kinderspielplatzes und Sicherheitsdienste wurde die Genehmigung verlängert. Für den Betreiber, die „Hexenkessel & Strand GmbH“, war das ein gutes Geschäft. Sie haben mittlerweile ein kleines Imperium geschaffen: Außer der Strandbar Mitte und dem Hexenkessel-Hoftheater gehörten auch der Oststrand an der East-Side-Gallery sowie die Bar „Altes Europa“ in der Gipsstraße dazu.
Im nächsten Jahr wird die Strandbar Mitte wohl nicht mehr darunter sein: Im Herbst wird im Monbijoupark die Uferpromenade gebaut, die Pläne sind bereits fertig, die Mittel sind bewilligt. Zwar gelang es den Betreibern, noch einmal eine Lobby aufzubauen – bis auf die Grünen stimmten alle Fraktionen der Bezirksverordnetenversammlung Mitte einem Antrag zu, den bereits beschlossenen Bebauungsplan noch einmal im Sinne der Strandbar zu überprüfen. Aber die Chancen stehen schlecht.
Selbst wenn, was extrem unwahrscheinlich ist, der Bebauungsplan die Fläche für kulturelle Nutzungen freigeben würde, entstünde hier planungsrechtlich Bauland. Dann schlüge die Stunde des Liegenschaftsfonds Berlin, und wie der vorgeht, ist bekannt: Das Grundstück würde meistbietend verkauft. Auch das wäre das Ende der Strandbar.
CHRISTOF SCHAFFELDER