Verwaltung überrollt Ratspolitiker

Heute soll der Umweltausschuss beraten, ob ein Mobilfunkmast im Landschaftsschutzgebiet am Militärring gebaut werden darf oder nicht. Die Stadt Köln hat das Gelände allerdings schon längst an den Mobilfunkkonzern Vodafone vermietet

Von Susanne Gannott

Darf die Stadtverwaltung ein städtisches Gelände vermieten, damit dort ein Mobilfunkmast errichtet werden kann, wenn die zuständigen Ratspolitiker den vorgesehenen Standort noch gar nicht genehmigt haben? Diese Frage dürfte heute im Umweltausschuss für einigen Gesprächsstoff zwischen Politikern und Verwaltung sorgen.

Es geht um ein Gelände in der Nähe des Militärrings westlich von Vogelsang. Der Mobilfunkbetreiber Vodafone will dort schon seit geraumer Zeit einen Funkmast errichten, stößt damit jedoch vor Ort auf den erbitterten Widerstand engagierter Bürger. Die haben sich zu einem „Freundeskreis“ zusammen geschlossen und bereits 2002 einen Bürgerantrag in den Rat eingebracht, mit dem das ganze umliegende Gebiet zwischen Freimersdorfer Weg, Militärringstraße, Mittelweg und Autobahn A 1 zum „Landschaftspark Belvedere“ erklärt werden soll. Und in diese weitgehend unbebaute Landschaft passe ein „von Weitem sichtbarer Mast“ einfach nicht hinein, findet Roland Schüler, Mitglied des Freundeskreises und Bezirksvertreter im zuständigen Bezirk Lindenthal.

Das sahen auch die übrigen Bezirksvertreter so und lehnten die Errichtung des Masts im März diesen Jahres einstimmig ab. Nun ist dieses Votum politisch nicht entscheidend: Was Vodafone aber unbedingt braucht, ist das Placet des Beirats der Unteren Landschaftsbehörde für die Baugenehmigung – denn der Mast soll mitten im Landschaftsschutzgebiet errichtet werden. Aber auch dieses Gremium lehnte das Bauvorhaben im Februar als „erhebliche Beeinträchtigung des Landschaftsbildes“ ab. Folgt der Umweltausschuss heute dieser Einschätzung, dürfte das Projekt endgültig gestorben sein. Wenn nicht, wird der Fall der übergeordneten Bezirksregierung übergeben.

Der politische Entscheidungsprozess ist also noch längst nicht abgeschlossen. Trotzdem hat das Liegenschaftsamt – als Verwalter des städtischen Grundbesitzes – bereits im Juni 2002 einen Mietvertrag mit Vodafone über das besagte Gelände abgeschlossen. Und der Mobilfunkkonzern hat der Stadt die erste Jahresmiete von 3.067 Euro auch bereits überwiesen, wie der städtische Pressesprecher Jürgen Müllenberg der taz bestätigt.

Diese Tatsache nun stößt seitens der Politik auf ein gewisses Unverständnis. Es sei schon „merkwürdig“, dass die Verwaltung vorab einen Vertrag abschließt, findet der grüne Ausschussvorsitzende Harald Junge: „Dann brauchen wir ja keine Ausschüsse und politischen Beratungen mehr, wenn alles schon entschieden ist“. Auch sein CDU-Kollege Matthias Wirtz ist über die Vorgehensweise der Verwaltung verwundert: Das „ist eigentlich nicht gang und gäbe“. Letztlich sei allerdings nur wichtig, dass die Politiker das letzte Wort in der Sache hätten.

Und das bleibe auch so, versichert Stadtsprecher Müllenberg. Auch wenn der Standort – und damit der Vertrag – am Ende von den Ratspolitikern abgelehnt würde, wäre das „kein Drama“. Denn der Vertrag sehe keinerlei Verpflichtungen für die Stadt – etwa in Form von Schadensersatzzahlung – vor. Das bestätigst auch die Vodafone-Pressesprecherin Tanja Vogt: Es sei seitens des Konzerns ein „gängiges Prozedere“, Miete für einen Standort zu zahlen, an dem noch gar kein Funkmast stehe. Daher wolle man von der Stadt auch keinesfalls Geld zurückfordern.

Doch auch wenn kein Schaden für die Stadt entsteht, findet es der grüne Bezirkspolitiker Schüler „bizarr“, dass solche Verwaltungsakte ohne Beteiligung der Politiker geschehen. Die Politiker würden bei Grundstücksgeschäften der Stadt meist vor vollendete Tatsachen gestellt und dadurch „in ihren politischen Entscheidungen beeinflusst“.

Ob das auch diesmal so ist, wird die heutige Sitzung zeigen. Noch sind die Ratspolitiker unentschieden, ob sie den Mast wollen oder nicht: Harald Junge will sich erst einmal von der Verwaltung „alles anhören“. Und auch in der CDU „wird noch um die Abstimmung gerungen“, so Matthias Wirtz. „Einerseits wollen wir schützen, was schützenswert ist, wie diese Landschaft, andererseits hat jeder ein Handy und will telefonieren“. Man stecke daher in einem „Dilemma“.