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Archiv-Artikel

„Die Iraker sollen merken, dass sich die Gewalt gegen sie richtet“

Die Bundesregierung stimmt dem Entwurf der neuen UN-Resolution zu, damit die Iraker mehr Verantwortung übernehmen, sagt der Außenamtskoordinator Karsten Voigt

taz: Herr Voigt, die Bundesregierung will dem vierten Entwurf der UN-Resolution zustimmen. Ist der Irak jetzt ein europäisch-amerikanisches Projekt?

Karsten Voigt: Das heißt ganz eindeutig, dass in der amerikanisch-europäischen Diskussion nicht mehr die Gegensätze im Vordergrund stehen. Stattdessen wollen beide Seiten die Organisation eines friedlichen Nachkriegsiraks vorantreiben.

Diese Gegensätze sind noch immer da …

Ja, aber sie stehen nicht mehr im Vordergrund. Das ist neu.

Was steht stattdessen im Vordergrund?

Beide Seiten wollen und werden zusammenarbeiten. Die Europäer wissen genau, dass sie leiden würden, wenn im Irak kein Frieden einzieht. Wir können bei stabiler Rechtsstaatlichkeit im Irak nur gewinnen. Die Amerikaner wiederum haben sich durch die Erfahrung auf irakischem Boden verändert. Es ist eine Sache, seinen Krieg schnell zu gewinnen, eine andere, den Frieden zu bewahren. Deshalb vollzieht sich in US-Regierung und Bevölkerung eine Hinwendung zu einer Kooperation mit der UNO. Ein wichtiger Grund für Kompromisse.

Außerdem sind in den USA bald Präsidentenwahlen.

Die Motive für die Bewegung der USA sind doch gar nicht interessant, sondern das Ergebnis. Deutschland und die USA wollen einen stabilen und demokratischen Irak.

Hätten die Europäer sich bei dem Resolutionsentwurf mehr durchsetzen können?

Es wurde unserem Wunsch und dem der Iraker nach mehr Verantwortung Rechnung getragen. Sie sollen merken, dass die Gewalt im eigenen Land sich im Endeffekt nicht nur gegen die Alliierten richtet, sondern gegen die Iraker selbst.

Also hätten die Europäer nicht noch härter verhandeln sollen?

Wie gesagt, wir haben jetzt gute Rahmenbedingungen.

Wenn Deutschland diesem Kompromiss zustimmt, sollte Deutschland ihn nicht auch helfen zu sichern?

Die USA und auch die Briten wissen, dass es keine deutschen Truppen im Irak geben wird.

Aber wenn diese Resolution der Bundesregierung wichtig ist, solle sie nicht Truppen im Rahmen der Nato schicken?

In Berlin gibt es größte Skepsis gegen eine größere Nato-Rolle. Auch hier werden Möglichkeiten diskutiert, aber alle wissen, dass die Deutschen sich trotz Ablehnung einer eigenen militärischen Rolle gern am zivilen Wiederaufbau beteiligen würden.

INTERVIEW: DANIEL SCHULZ