Seifenblasen-Freiheit

Bremens Wahrzeichen, der Roland, feiert seine 600 Jahre. Design-Professor Hafermaas präsentiert dazu „Gesichter der Freiheit“

aus Bremen Jens Fischer

Dinosaurierflügel mutieren aus der Bürgerschaft heraus, Geschwulstiges wächst auf dem Rathaus-Balkon, spuckt Ballons in den Himmel, die wie an einer Schnur gezogen zwischen den Domtürmen verschwinden. Luftblasen wie Politikerreden oder Seelen auf dem Heimweg. „Schön, ist das nicht wunderschön“, strahlt Nikolaus Hafermaas und sagt: „Designer, die sich an Kaffeemaschinen abarbeiten, gibt es genug.“ Er gestaltet Räume für Geschichten – und nennt sich „Event-Designer“. Für 500.000 Euro der Bremen Marketing GmbH (BMG) hat er zum 600. Geburtstag des Bremer Wahrzeichens, des Roland-Standbildes, die multimediale „Gesichter der Freiheit“-Show konzipiert, die zehn Nächte lang ihre optischen Überwältigungsstrategien an jeweils 5.000 Marktplatz-Besuchern ausprobieren soll.

Kunst wird kulturelle Massenveranstaltung: ein Referenzprojekt für Bremens Bewerbung als Europas Kulturhauptstadt 2010. Der 38-jährige Hafermaas ist seit zwei Jahren Professor für temporäre Architektur an der Bremer Hochschule für Künste (HfK) – also Fachmann für Ausstellungsgestaltung. Mit seiner Triad Berlin Projektgeselslchaft mbH hat Hafermaas die Eröffnung der Luftschiff-Werft CargoLifter Aërium glanzvoll inszeniert. Die ist inzwischen Pleite. Zumeist aber gestaltet Triad Unternehmen ihre Messe-Auftritte. So wie er dabei Marken und Produkte imagegerecht präsentiert, so soll jetzt die Freiheit inszeniert werden. „Wir wollen Inhalte in eine Show übersetzen“, wie Hafermaas „Event-Design“ definiert. „Plakativ, aber mit poetischem Potenzial.“ Künstlerische Mittel würden gern benutzt, Kunst aber produziere man nicht. „Künstler sind sich selbst verpflichtet, wir dem Publikum.“

Sich selbst bezeichnet Hafermaas als „Spagat- Künstler“, der den „Bratwurst-Faktor“ herzustellen habe. „Wir wollen intelligent genug fürs Feuilleton sein und einfach genug, damit uns alle verstehen und der Volksfestcharakter nicht gestört wird.“ Pädagogische Absichten gebe es keine. Die Geschichte des Rolands oder Bremens interessiere auch nicht so. Statt dessen werde eine „frei assoziativ diffuse Collage über die Freiheit“ zu sehen sein.

Schauspieler stehen in Fenstern der Bürgerschaft, zitieren selbst Gedichtetes. Woher die Gedankenspots kommen? „Egal“, sagt Hafermaas. Hauptsache viele Aspekte. Einer davon sei besonders wichtig. „Freiheit bekommt man nicht geschenkt, sie muss erkämpft werden.“ Deshalb zeige man Bilder vom Mauerfall. Deshalb erglühen Rathaus, Bürgerschaft und Schütting in Blau, Weiß, Rot, werden beschriftet mit „liberté“, „egalité“, „fraternité“. Ein Triptychon der Französischen Revolution. Nur, was hat das mit Rolands Freiheit zu tun, die er auf seinem Schild verkündet? „Vryheit do.ik.yu openbar.de karl und meniich vorst vorwar desser.stede.ghegheunen.hat.“ Da geht es eben nicht um Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit oder einen „Wir sind das Volk“- Schrei. Da geht es doch um den ökonomischen Liberalismus der unternehmerischen, der Markt- und Handels-Freiheit, so dass der Bürger unabhängig von Kirchen- und Fürstenjoch seine Geschäfte machen kann. „Richtig“, sagt Hafermaas, „unsere Projektion hat damit nichts zu tun.“ Hauptsache sei aber, dass man ein „schönes Gefühl“ und „eindrückliche Bilder“ heim nehme. Feuilletonleser dürften auch manche Anspielung entdecken. Das muss reichen. Der Rest ist Design. Eine vielfarbig schillernde Seifenblase. Kostenlos zur Betrachtung freigegeben.