: Datenschutz auf Dienstreise
Verfassungsklage wegen Innenstaatsrat Wellinghausen. Senat verweigert dem Parlament Auskunft über dessen Dienstreisen. Weitere Ungereimtheiten um Nebentätigkeiten. Bürgermeister von Beust vertraut ihm dennoch hundertprozentig
von SVEN-MICHAEL VEIT
Das Hamburgische Verfassungsgericht soll nun die Mauer des Schweigens um Innenstaatsrat Walter Wellinghausen einreißen. SPD-Fraktionsvize Michael Neumann kündigte gestern an, das höchste Hamburger Gericht anzurufen, „weil der Senat die Kontrollrechte des Parlaments missachtet“. Der Grund für Neumanns Groll: Er erhält keine Auskünfte über Wellinghausens Dienstreisen auf Steuerzahlers Kosten. Dies seien „personenbezogene Daten“ und deshalb vertraulich, beschied der Senat jetzt seine kleine Anfrage. „Ein echter Klopper“, zürnt Neumann, und erinnert an die Bonusmeilen-Affäre im Bundestag: „Über angebliche Dienstreisen sind schon manche gestolpert.“
Seine Anfrage zielte darauf, dass Wellinghausen auffallend häufig nach München gereist sein soll. Vorgestern war bekannt geworden, dass er bis 25. Oktober 2002 Vorstand und Geschäftsführer der Beteiligungsgesellschaft Isar Klinik II AG in der bayrischen Hauptstadt war (taz berichtete). An diesem Tag kam deren Aufsichtsrat Wellinghausens „Bitte“ nach, ihn zu entlassen – elf Monate nach seinem Amtsantritt als Staatsrat der Hamburger Innenbehörde. Nach dem Hamburger Beamtenrecht sind solche Nebentätigkeiten unzulässig.
Wellinghausen behauptet, seine Tätigkeit für Isar II Ende 2001 eingestellt zu haben, den verspäteten Beschluss des Aufsichtsrates habe er nicht zu verantworten. Ein Aufsichtsrat von Isar II beharrt jedoch laut Abendblatt darauf, dass Wellinghausen noch im Laufe des Jahres 2002 für die AG tätig gewesen sei. Auch habe er im Oktober 2002 „als Vorstand“ zu einer Aufsichtsratssitzung eingeladen.
Für Neumann ist die Sachlage eindeutig. Der Staatsrat habe „sich in Widersprüche verstrickt“ und offenbar „ein Problem mit der Wahrheit“. Wegen dieser neuerlichen Affäre – Wellinghausen hat bis mindestens Juni monatlich 4.600 Euro „Honorar Geschäftsführung“ von einer Hamburger Radiologen-Praxis bezogen – müsse Bürgermeister Ole von Beust (CDU) ihn umgehend entlassen, forderte Neumann: „Herr Wellinghausen ist nicht mehr tragbar.“
Auch die Grünen sehen das so: „Wie viele unangemeldete Nebentätigkeiten hat hat er denn noch?“, fragt Sabine Steffen, innenpolitische Sprecherin der GAL-Fraktion, den Senat. „Das Maß ist voll“, befindet auch der grüne Parteivize Jens Kerstan. Wenn von Beust an seine Senatsmitglieder den gleichen „hohen Anspruch an politische Moral“ stelle, den er als Oppositionschef an SPD-Senate gestellt hatte, müsse er Wellinghausen „auf der Stelle vom Dienst entbinden und für rückhaltlose Aufklärung“ sorgen.
Der Bürgermeister hat bereits alles geklärt und befindet, an den Vorwürfen sei nichts dran. Es habe sich um „eine Formalie“ gehandelt, faktisch sei Wellinghausen als Staatsrat für Isar II „nicht tätig gewesen“. Es liege, sagt Ole von Beust, „nichts Vorwerfbares“ vor, und sein Vertrauen in Staatsrat Wellinghausen betrage deshalb „100 Prozent“.