Finanzierung verbotener Forschung ist erlaubt

Was ist erlaubt und was verboten bei der Forschung mit embryonalen Stammzellen? Zwei von der DFG in Auftrag gegebene Gutachten versuchen zu klären, ab wann im Ausland tätige deutsche Forscher gegen Gesetze verstoßen

Deutsche Wissenschaftler dürfen im Ausland menschliche embryonale Stammzellen herstellen und beforschen, ohne dass sie sich strafbar machen. Voraussetzung jedoch ist, dass die hierzulande verbotenen Forschungsarbeiten in keinem Bezug zu deutschen Forschungseinrichtungen oder Universitäten stehen. Diese Rechtseinschätzung vertreten zwei umfangreiche Gutachten, die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) in Auftrag gegeben und diese Woche der Öffenlichkeit vorgestellt wurden.

Nach dem seit Juli vergangenen Jahres geltenden Stammzellgesetz ist die Herstellung embryonaler Stammzellen in Deutschland ausnahmslos verboten. Es dürfen lediglich, unter bestimmten Bedingungen, Stammzelllinien für Forschungszwecke eingeführt werden, die vor dem Stichtag 1. Januar 2002 aus Embryonen hergestellt wurden. Mit dem Gesetz sollte vor allem der so genannten verbrauchenden Embryonenforschung ein Riegel vorgeschoben werden. Wörtlich heißt es in dem Gesetz, es solle vermieden werden, „dass von Deutschland aus eine Gewinnung embryonaler Stammzellen oder eine Erzeugung von Embryonen zur Gewinnung embryonaler Stammzellen veranlasst wird“.

Die Nichtanwendbarkeit der Strafvorschriften im Stammzellgesetz gilt aufgrund des Territorialprinzips unabhängig davon, „in welcher Art und Weise die Wissenschaftler in das Projekt eingebunden sind“, schreibt die DFG, „sei es, dass sie unmittelbar an der Durchführung des Vorhabens beteiligt sind oder dieses nur technisch beziehungsweise wissenschaftlich unterstützen“.

Auch die Arbeit von Gutachtern und Beiräten vor Ort ist nach Ansicht der DFG nicht strafbar. Aufpassen müssen hingegen Staatsbedienstete, beispielsweise Professoren an Universitäten oder dort angestellte Forscher. Sie unterliegen als „Amtsträger“ einer besonderen Dienstpflicht und könnten durchaus für die Mitarbeit an einem Forschungsprojekt im Ausland belangt werden.

Juristisch verzwickt wird es auch, wenn im Ausland zur Gewinnung von Stammzellen ein Embryo vernichtet wird, bei dessen Zeugung mindestens ein deutscher Keimzellspender beteiligt war. Dieser Fall, so heißt es in den Gutachten, sei zwar „nicht klar strafbar“, aber doch mit „einem strafrechtlichen Risiko behaftet“. Greifen würde hier jedoch nicht das Stammzellgesetz, sondern das Embryonenschutzgesetz.

„Im Ergebnis“ nicht strafbar ist nach Ansicht der DFG auch, dass zur Finanzierung von im Ausland genehmigten Stammzellprojekten Mittel aus Deutschland bereitgestellt werden. Forschungsfördende Organisationen, Stiftungen zum Beispiel, könnten somit ohne große Befürchtungen Stammzellforschung im Ausland finanzieren.

Generell jedoch rät die DFG allen Forschern, die mit humanen embryonalen Stammzellen arbeiten wollen, sich vorher gründlich über die Rechtslage zu informieren. WOLFGANG LÖHR

Infos: www.dfg.de