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Archiv-Artikel

Blaue Briefe für Verwaltungsreform

Nach Ansicht des Niedersächsischen Landesrechnungshofes plant das Umweltministerium seine Verwaltungsreform zu teuer, zu bürokratisch und ineffektiv. Trotzdem wurde am 16. Juni im Kabinett die Grundlage für die Reform verabschiedet

aus Emden Thomas Schumacher

Das Ministerium für Umwelt (MU) macht aus der niedersächsischen Verwaltungsreform, dem Paradepferd der CDU-Landesregierung, einen lahmen, kostspieligen Amtsschimmel. Dieser Meinung ist jedenfalls der Landesrechungshof (LRH). Bereits vor Wochen hatte er das Umweltministerium in einem Schreiben pauschal vorgewarnt, jetzt folgte ein „Blauer Brief“ mit konkreten Kritikpunkten. „Der geplante Stellenabbau führt zu mehr Kosten, die Verteilung von neuen Zuständigkeiten macht Entscheidungsprozesse komplizierter oder unterläuft im Bereich des Naturschutzes die gesetzlich vorgeschriebene Aufsichtspflicht gegenüber untergeordneten Behörden“, urteilt Hermann Reffken vom LRH.

Mit der Verwaltungsreform will die CDU-Landesregierung eigentlich Kosten sparen und Verwaltungsabläufe vereinfachen. Dafür hat sie jedem Ministerium Vorgaben gemacht. Allein für das Umweltministerium fordert der zuständige Innenminister, dass 400 Stellen gestrichen werden sollen. „Konkret sind diese Streichungen nach dem vorliegenden Modell des Ministeriums nicht nachzuvollziehen. Da wird Personal zum Beispiel im Gewässerschutz gestrichen. Das aber sind Aufgaben, die weder delegiert werden können noch wegfallen dürfen“, so Reffken.

Eine andere Vorgabe ist die Auflösung der Bezirksregierungen. Das Ministerium hat sich zudem auf die Auflösung des Niedersächsischen Landesamtes für Ökologie festgelegt. „All diese Vorgaben sind unvernünftig und schwächen die Verhandlungsposition des Ministeriums, wenn sie Aufgaben aus den Bezirksregierungen und das Amt für Ökologie privatisieren wollen. Das kostet Geld“, argumentiert Reffken.

In der Neuverteilung der Aufgaben sieht er weitere Fehler: „Aufgaben, die an Kommunen oder private Firmen abgegeben werden, müssen ja trotzdem vom Ministerium bezahlt werden. Die MitarbeiterInnen, die früher diese Arbeiten erledigt haben, können nicht entlassen werden. Sie stehen weiter auf der Gehaltsliste des Landes.“

Für den Fall, dass Aufgaben vom Ministerium selbst wahrgenommen werden, befürchtet der Kontrolleur vom Rechnungshof entweder eine Bürokratisierung der Entscheidungsprozesse oder gar den heimlichen Wegfall wichtiger, gesetzlicher Aufsichtsfunktionen. „Sie können die Untere Naturschutzbehörde in Emden nicht von Hannover aus kontrollieren“, so Reffken. Und weiter: „Vielleicht ist ein Wegfall der Aufsicht in Naturschutzbelangen politisch gewollt.“

Dazu heißt es im Brief des LRH an das Umweltministerium: „Eine wirkungsvolle Fachaufsicht über Behörden, die über das gesamte Land verteilt und bei Landkreisen, kreisfreien Städten und großen, selbständigen Städten angesiedelt sind, erfordert eine Ortsnähe, die in einem Flächenland wie Niedersachsen bei einer zentralen Wahrnehmung in Hannover schwerlich zu gewährleisten ist.“ Darüber hinaus müssten Anträge für größere Investitionsvorhaben aus der Region in Hannover entschieden werden statt vor Ort.

„Wir verstehen diese fundamentalistische Kritik des Landesrechnungshofes nicht“, kontert die Sprecherin des Ministeriums für Umwelt, Jutta Kremer-Heye. „Die Verwaltungsreform ist beschlossene Sache. Wir können die Kritik auch im Einzelnen nicht nachvollziehen.“ Für Kremer-Heye verfolgen die Organisationsänderungen weiter das Hauptziel der Landesregierung: „Wir sparen, bauen bürokratische Hindernisse ab und werden bürgernah.“

Auf jeden Fall wird die Kritik des LRH keinen Einfluss auf die Planungen des Ministeriums haben. Denn am vergangenen Dienstag wurden im Kabinett die gesetzlichen Änderungen für die Reform im Umweltministerium beschlossen, Anfang Juli werden die dazugehörigen Organisationsänderungen dem Kabinett zur Entscheidung vorliegen.

Fühlt man sich da nicht wie ein Don Quichotte im sprichwörtlichen Kampf gegen die Windmühlen? „Überhaupt nicht. Der Landesrechnungshof ist zwar ein Ritter ohne Schwert. Aber als unabhängige Behörde hoffen wir natürlich darauf, mit Argumenten überzeugen zu können“, sagt Herrmann Reffken – und kündigt weitere „Blaue Briefe“ an andere Landesministerien an.