Die Kluft ist ihm zu groß

Der Produzent Günter Rohrbach wehrt sich gegen Kritik an der Deutschen Filmakademie

In der Debatte um die Vergabe des Deutschen Filmpreises hat sich nun ein Vertreter der Deutschen Filmakademie zu Wort gemeldet. Der Filmproduzent Günther Rohrbach, der neben Senta Berger das Amt des Ehrenpräsidenten der Akademie innehat, schrieb einen Beitrag für die Süddeutsche Zeitung. Darin warf er denen, die die für das kommende Jahr anvisierte Vergabe des Preises durch die Akademie kritisieren, „Vorurteile“ und „Verwirrung“ vor. Wenn über die Preisträger in Zukunft die in der Filmakademie organisierten Branchenvertreter entscheiden, so Rohrbach, habe dies einen „weitaus höheren Grad der Legitimation“ als das Votum einer Jury. Und was die von vielen Filmschaffenden und Filmkritikern geäußerte Befürchtung angeht, die Filmakademie werde nicht den künstlerischen, sondern eher den Unterhaltungsfilm favorisieren, so sucht Rohrbach sie mit folgendem Hinweis zu entkräften: Hat nicht gerade die vom Ministerium einberufene Jury in den letzten Jahren immer wieder Urteile gefällt, die die marktgängigen Filme begünstigten?

An dieser Stelle hat Rohrbach – der auf viele Argumente der Akademiekritiker erst gar nicht eingeht – Recht. Nur weist seine Schlussfolgerung in die falsche Richtung. Wenn die bisherige Jury, in der deutlich mehr Branchenvertreter als etwa Filmhistoriker, Filmkritiker oder auch unabhängige, dem Film als Kunstform sich verschreibende Regisseure saßen, „Good Bye, Lenin“ mit Preisen überhäufte, dann lag das daran, dass ein Mehr an künstlerischem Film nicht durchzusetzen war. Das wird sich aber nicht bessern, wenn 500, 1.000 oder 2.000 Akademiemitglieder abstimmen. Es würde sich erst bessern, sobald man sich traute, die Jury anders zu besetzen: mit Filmschaffenden wie Thomas Arslan, Ulrich Köhler oder Angela Schanelec, die den neuen jungen deutschen Film repräsentieren, mit weniger Kinobetreibern und Parteipolitikern – und mit mehr als einem Filmkritiker.

Gerade auf die jedoch ist Rohrbach gar nicht gut zu sprechen. Er beklagt die große Kluft „zwischen denen, die Filme herstellen, und denen, die sie kritisch begleiten“. Dabei vergisst er offenbar, dass Kritik aus der Distanz heraus operieren muss, so sie sich ernst nimmt. Sie darf nicht gemeinsame Sache mit ihrem Gegenstand machen.

Angesichts der Tatsache, dass die Argumente und Urteile von Filmkritikern – egal ob sie nun einzelne Filme betreffen oder filmpolitische Weichenstellung – ohnehin selten zur Kenntnis genommen werden, wirkt Rohrbachs Schelte doppelt befremdlich: wie die Klage desjenigen, der am Ziel seiner Wünsche ist und nun möchte, dass ihm alle applaudieren. CRISTINA NORD