: Pro familia soll Abbrüche abbrechen
Hessischer Rechnungshof empfiehlt Streichung von staatlichen Zuschüssen. Verein fühlt sich diskriminiert
FRANKFURT/MAIN taz ■ Pro familia Hessen fürchtet das finanzielle Aus. Der Verband protestiert gegen eine Empfehlung des Landesrechnungshofes, die dem Sozialministerium in Wiesbaden übersandt worden ist. Das Papier enthält, so dessen Pressesprecherin, Petra Müller-Klapper, die unmissverständliche Empfehlung, den Beratungsstellen des gemeinnützigen Vereins jede weitere Unterstützung zu verweigern und ihm die Anerkennnung der Konfliktberatungsstellen für Schwangere zu entziehen. Außerdem soll pro familia 98.000 Euro zurückzahlen.
Begründet wird dies mit einer „nicht ausreichenden Trennung der Beratung und der medizinischen Dienste“. Pro familia unterhält in Hessen landesweit 26 Beratungsstellen für die gesetzlich vorgeschriebene Pflichtberatung und drei Medizinische Zentren, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen.
Diese Verquickung mache eine ergebnisoffene, neutrale Beratung der Hilfe suchenden, schwangeren Frauen unmöglich, behauptet der Rechnungshof. Der Verein müsse die Abbrüche entweder „aufgeben“ oder „für eine hinreichende Trennung in organisatorischer wie wirtschaftlicher Hinsicht“ sorgen. Außerdem monierten die Rechnungsprüfer fehlerhafte Abrechnungen bei der sozialpädagogischen Beratung.
Die Prüfungsmitteilung war im Mai abgesandt worden und, so Peter Mühlhausen, stellvertretender Pressesprecher des Rechnungshofes, vorige Woche „durch eine Indiskretion an die Öffentlichkeit geraten“. Einzelheiten über den Inhalt könne er nicht nennen. Rechtsgrundlage sei das Rechnungshofgesetz, und das schreibe nun einmal die korrekte Verwendung der Landesmittel vor. Das Ministerium habe bis Ende Juli Zeit zur Stellungnahme.
Brigitte Fuchs von pro familia sagte der taz gestern, sie selber hätten den Bericht noch nicht zu sehen, seine Zusendung aber zugesagt bekommen. Erst dann könne man den Inhalt prüfen. Insgesamt aber erklärt der Landesverband, er weise die Vorwürfe zurück und fühle sich durch das „unkorrekte Verfahren“ diskriminiert, „Vorverurteilung“ und „Rufschädigung“ ausgesetzt. Man habe von dem Bericht erst durch die Presse erfahren und das Ministerium um ein Gespräch und Klärung gebeten. Die Abrechnungen seien immer korrekt gewesen und die Anerkennung der Beratungsstellen vom zuständigen Regierungspräsidium seit 1997 regelmäßig erteilt worden. Die Medizinischen Institute seien vorschriftsmäßig von den Beratungsstellen getrennt. Es sei nicht auszuschließen, dass das Land Hessen mit der Empfehlung auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes in Leipzig vom vergangenen Jahr reagiere, das die Landesregierungen verpflichtet, 80 Prozent der Beratungskosten zu übernehmen. Hessen hat das bisher verweigert. Die Caritas klagt deshalb inzwischen gegen das Land.
Zwischen pro familia und dem Rechnungshof war es im Vorfeld außerdem zu Konflikten gekommen, weil dieser, so Fuchs, die persönlichen Daten „aller Frauen“, die pro familia aufgesucht hatten, verlangte. Ärztinnen und Beraterinnen verweigerten die Herausgabe. Pro familia Hessen führt jährlich über 10.000 Beratungsgespräche, die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche liegt bei 1.700.
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