Bayerisches Hin und Her um „Stolpersteine“

Während die Stadt München Gedenktafeln zur Erinnerung an NS-Opfer wieder abmontieren lässt, werden im Nachbarort Freising neue „Stolpersteine“ angebracht. Auch jüdische Repräsentanten sind geteilter Meinung

MÜNCHEN taz ■ Anders als in Berlin oder Neuruppin wird man in München nicht über jüdisches Gedenken stolpern, zumindest nicht auf dem Bürgersteig. So will es ein Stadtratsbeschluss. Trotzdem geht der Streit über die so genannten Stolpersteine zur Erinnerung an die 4.500 Münchner NS-Opfer weiter. Der Stadtrat hatte letzte Woche mit den Stimmen von SPD, CSU und FDP entschieden, „keinen öffentlichen Straßengrund“ für die Aktion des Künstlers Gunter Demnig zur Verfügung zu stellen, der deutschlandweit bereits 3.500 gravierte Messingplättchen vor Häusern verlegt hat, in denen einst Juden gewohnt hatten.

Aber über die schnelle, lautlose Beseitigung zweier Platten, die der Künstler in München bereits verlegt hatte, wunderten sich dann doch einige Stadträte. So wusste etwa Marian Offmann, CSU-Stadtrat und Vorstandsmitglied der israelitischen Kultusgemeinde, nichts von der Entfernung. Auch die Verwandten der Ermordeten wurden nicht informiert. Prominente Befürworter der Gedenkaktion wie die „Biermösl Blosn“ oder die SPD-Politikerin Ulrike Mascher drückten in einer Zeitungsanzeige ihr Entsetzen über den „beschämenden“ Stadtratsentscheid aus. Auch der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern, Josef Schuster, hätte die „Stolpersteine“ begrüßt. Es wäre eine Möglichkeit, „die Erinnerung auf sehr plastische Weise wachzuhalten“. Die jüdische Gemeinde in München sieht das jedoch anders und hat sich strikt gegen die Verlegung von „Stolpersteinen“ ausgesprochen: Es sei unerträglich, dass möglicherweise Rechtsradikale auf den Gedenktafeln umher trampeln würden.

Für OB Christian Ude (SPD) und die Stadtratsmehrheit war diese Haltung ausschlaggebend für die Ablehnung. Ude stellt auch in Frage, ob „die Inflationierung der Gedenkstätten tatsächlich zu einer Ausweitung der Erinnerungsarbeit führt“. München habe bereits mehrere Orte der Erinnerung. Mit Unterstützung der Stadt entstehe gerade ein jüdisches Zentrum sowie ein NS-Doku-Zentrum. Und: „Welche Persönlichkeiten sind eines Hinweises im Straßenbild würdig?“

Während in München der Streit also nicht nachlässt, hat der Stadtrat der oberbayerischen Domstadt Freising am Donnerstag parteiübergreifend die Verlegung von vier „Stolpersteinen“ beschlossen. Zwar könne man „über diese Art der Erinnerung streiten“, erklärte die Hauptamtsleiterin des Freisinger Rathauses. Allerdings sei jede Form des Gedenkens wichtig und gerade entsprechende Initiativen von jungen Leuten müssten gewürdigt werden. MAX HÄGLER