: Rot-grünes Chaos
betr.: „Wenn Arbeitslose neue Jobs schaffen“, taz vom 23. 6. 04
Vor 1998 bekam praktisch jede/r Arbeitslose früher oder später eine Weiterbildung, selbst die, die gar keine wollten. Aus Sicht der Arbeitsämter dienten diese Weiterbildungen hauptsächlich dazu, die „Verfügbarkeit“ der Arbeitslosen zu testen; aber immerhin: Wenn man darum kämpfte, konnte man eine Weiterbildung bekommen, die einem zu einem neuen, sinnvollen Job verhalf – zumindest bis zur nächsten Rationalisierungswelle.
Eine der ersten Amtshandlungen der von Nahles und Roth mitgetragenen Regierung war, die Mittel für solche Kurse drastisch zusammenzustreichen. Wer später als Juni kam, hatte fortan schlechte Karten, weil die Töpfe leer waren. Und seit Gerster (und unter seinem Nachfolger hat sich daran nichts geändert) gilt zumindest beim Arbeitsamt Düsseldorf: Einen Weiterbildungsplatz bekommt nur noch, wer die schriftliche Zusage eines Arbeitgebers vorlegen kann, ihn oder sie nach Abschluss des Kurses einzustellen. Das ist zwar widersinnig, aber es spart eine Menge Geld, mit dem man z. B. den Steuersatz für Besserverdiener senken kann. Wie viele Beschäftigte der Weiterbildungsträger durch die Streichorgie zusätzlich arbeitslos geworden sind, weiß niemand; aber da Weiterbildungsdozenten meist pseudoselbstständig sind und deshalb keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld haben, interessiert das ja auch nicht.
Jetzt also wollen Nahles und Roth für diejenigen Arbeitslosen, die aufgrund des Einkommens ihrer Partner aus dem Arbeitslosengeld II herausfallen, wieder Weiterbildung anbieten. […] Was waren das für Zeiten, als wir glaubten, „rot-grünes Chaos“ sei eine Propagandaerfindung der CDU. GERHARD PAULI, Düsseldorf