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Archiv-Artikel

Die Augen der Fotografen

Romy Schneider war einerseits Medienprofi, andererseits aber durchaus sensibel dafür, wer sie fotografierte. Das jedenfalls offenbaren über 140 Romy-Schneider-Portraits, die im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe zu sehen sein werden

von ILKA KREUTZTRÄGER

Romy Schneider. Viele werden sofort ein Bild der Schauspielerin vor Augen haben, wenn sie diesen Namen hören. Braucht es da noch eine Ausstellung mit über 140 Fotos von ihr? Wissen wir nicht bereits alles über Romy Schneider, die es als eine der wenigen deutschen Schauspielerinnen zum Weltstar brachte? Gabriele Betancourt, die Kuratorin der Sonderausstellung „Die Erinnerung ist oft das Schönste – Fotografische Porträts von Romy Schneider“, zerstreut jeden Zweifel schon nach wenigen Minuten. Dabei war sie selbst nie ein Fan von Romy Schneider.

Vom 6. bis zum 13. Februar zeigt das Museum für Kunst und Gewerbe in Hamburg die Sonderausstellung über die 1938 geborene Romy Schneider. Zu sehen sind Fotos von Herbert List, Max Scheler, Roger Fritz, F. C. Gundlach, Will McBride, Peter Brüchmann, Werner Bokelberg, Robert Lebeck und Helga Kneidl. Die Fotos zeigen chronologisch die Entwicklung Romy Schneiders vom knapp 16-jährigen Mädchen 1954 bis zur 43-jährigen Frau im September 1981, acht Monate vor ihrem Tod in ihrer Pariser Wohnung. „Immer wird die Mythenfigur Romy Schneiders in den Vordergrund gerückt, sie selbst verschwindet hinter ihrem Schicksal“, sagt Betancourt. „Doch dieser Mythos steht hier nicht im Mittelpunkt.“ In dieser Ausstellung, die 40 bisher unveröffentlichte Bilder der Schauspielerin zeigt, geht es darum, sich Romy Schneider mit den Augen der Fotografen zu nähern, die sie im Laufe ihres Lebens inszeniert und beobachtet haben.

Da ist zum Beispiel die Serie von Robert Lebeck, der einmal über Romy Schneider sagte: „Schon ihr erster Blick war ein Flirt und dieser Blick meinte mich.“ Zweimal fotografierte er sie für den Stern: 1976 bei den Dreharbeiten zu dem Film „Gruppenbild mit Dame“ und 1981 während einer Entziehungskur im bretonischen Quiberon und in ihrer Pariser Wohnung. Kuratorin Betancourt kennt den Fotografen seit 20 Jahren: „Lebeck ist ein echter Charmeur und er strahlt so viel Lebendigkeit aus. Das sieht man den Bildern natürlich auch an“, sagt sie und deutet auf ein Foto, auf dem Romy Schneider mit nach oben geöffneten Händen auf einem Fels am Meer sitzt, den Kopf hat sie leicht in den Nacken gelegt und sie lacht breit. Entspannt und ungestört sieht Romy Schneider hier aus. „Dieses Bild konnte so nur Lebeck von ihr machen“, sagt Betancourt.

„Es geht bei allen hier ausgestellten Porträts immer um die Dialogsituation zwischen Romy und dem Fotografen“, sagt Betancourt. „Und es ist natürlich für den Fotografen eine besondere Situation, wenn eine Schauspielerin vor der Kamera steht.“ Eine Schauspielerin, die in jeder Minute um ihre Popularität weiß, die auch in den unzähligen sehr privat wirkenden Porträts Darstellerin ihrer selbst bleibt, die mit jedem einzelnen Bild ein Image von sich erschafft. Doch die vielen Fotos von der melancholischen, betrunkenen, aufgekratzten, beseelten Romy Schneider wollen sich nicht zu einem Gesamtbild zusammenfügen, sondern sie machen Widersprüche sichtbar.

So zeigt dann auch die Serie der einzigen Fotografin der Ausstellung, Helga Kneidl, eine andere, bisher so nicht gesehene Romy Schneider. Kneidl reiste 1973 nach Paris und begleitete Romy drei Tage lang auf ihren Spaziergängen quer durch die französische Hauptstadt. Später sagte sie über diese Zeit, dass Romy ihr sofort das Gefühl gab, dass sie beste Freundinnen seien. Dieses Gefühl der Vertrautheit zwischen den beiden Frauen sei ein gänzlich anderes als die spannungsgeladene Freundschaft von Romy und Lebeck, sagt Betancourt. Und tatsächlich wirken Kneidls Bilder weicher und weniger explosiv als die von Lebeck. „Wir nehmen Fotos gern für die Wirklichkeit“, sagt Betancourt, „und vergessen dabei, dass wir immer nur einen Ausschnitt sehen, einen kurzen Moment, der vom Fotografen festgehalten wurde“. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

„Die Erinnerung ist oft das Schönste – Fotografische Porträts von Romy Schneider“. 6. Februar bis 13. April 2009 im Museum für Kunst und Gewerbe, Hamburg