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Archiv-Artikel

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Experten rechnen nach Siemens-Vereinbarung mit Arbeitszeitverlängerung in allen Branchen. Thomas Cook will 40-Stunden-Woche. Opposition begrüßt Ende des „deutschen Sonderwegs“

Von KLH

BERLIN taz ■ Die Einführung der 40-Stunden-Woche bei zwei Siemens-Fabriken war nur der Anfang: Angesichts wachsender Konkurrenz im Ausland und schwacher Gewerkschaften rechnen Experten mit Arbeitszeitverlängerungen quer durch die Republik. Als nächster Konzern hat Europas zweitgrößtes Touristikunternehmen Thomas Cook die Rückkehr zur 40-Stunden-Woche angekündigt. Politiker der Opposition befürworteten am Wochenende längere Arbeitszeiten ohne Lohnausgleich.

„Der Vertrag von Siemens war ein Dammbruch“, so der Wirtschaftsrechtler Heinz-Josef Bontrup von der Fachhochschule Gelsenkirchen. Der Metall-Gewerkschafter und ehemalige Arbeitsdirektor der Stahlwerke Bochum zur taz: „Das Lohndumping wird grassieren.“

Ähnlich äußerte sich Joachim Scheide vom wirtschaftsfreundlichen Kieler Institut für Weltwirtschaft. „Wenn wir die Beschäftigung halten wollen, müssen deshalb in bestimmten Bereichen der Volkswirtschaft die Löhne sinken“, sagte er der taz. Anderswo könnten sie sogar steigen. Doch während Bontrup bei dieser Entwicklung „schlimmste Folgen für Konjunktur und Wachstum“ befürchtet, hält Scheide dagegen: „Ohne die Lohnkürzung würden die Leute arbeitslos. Damit würde die Nachfrage noch mehr geschwächt.“

Als nächster Konzern nach Siemens will Thomas Cook die Arbeitszeit deutlich verlängern. Der Verlust schreibende Reisekonzern fordert die Einführung der 40-Stunden-Woche, Gehaltskürzungen um 3 Prozent, fünf Tage unbezahlten Urlaub und eine Kopplung des 13. Monatsgehalts an den Unternehmenserfolg. Die Lohneinschnitte sollen zeitlich befristet bis Oktober 2006 gelten. Der Betriebsrat habe bereits Betriebsversammlungen für diese Woche geplant, erklärte eine Konzernsprecherin. Gespräche über Arbeitszeitverlängerungen laufen nach Angaben der Zeitung Die Welt auch bei Bosch, MAN und DaimlerChrysler.

In Verhandlungen mit der IG Metall hatte Siemens im Gegenzug für einen Verzicht von Arbeitsplatzverlagerungen nach Ungarn die Zustimmung der Gewerkschaften für die 40-Stunden-Woche ohne Lohnausgleich in zwei Betrieben zur Herstellung von Mobiltelefonen erhalten.

Doch während IG-Metall-Chef Jürgen Peters diese Vereinbarung als Einzelfall bewertete und die Rückkehr zur 40-Stunden-Woche strikt ablehnte, setzten sich Wirtschaftsverbände für eine Übertragung auf weitere Unternehmen und Branchen ein. Nach Ansicht des CSU-Vorsitzenden Edmund Stoiber ist mit dem Siemens-Vertrag die 35-Stunden-Woche als „deutscher Sonderweg“ am Ende. Auch CDU-Chefin Angela Merkel begrüßte die Siemens-Vereinbarung und sprach von einem richtigen Signal. KLH

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