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Archiv-Artikel

Staunend unter Wunderknaben

Thomas Rupprath gewinnt bei der WM Gold über 50 Meter Rücken. Das Dumme: Die Strecke ist nicht olympisch

BARCELONA dpa/taz ■ Thomas Rupprath strahlte, seine Frau Urte strahlte, eigentlich strahlten alle. Und doch gab es einen winzigen Wermutstropfen im Becher des Glücks. Thomas Rupprath war in Barcelona Weltmeister geworden, aber in einer Disziplin, die nicht zu den olympischen gehört. Über 50 Meter Rücken hat er nach seinem Schwimm-Weltrekord keinen Gegner zu fürchten, auch in Athen nicht – die Distanz steht erst gar nicht auf dem Programm.

„Ich bin ein Superrennen geschwommen, es ist ein schöner Moment, es war eine gute WM, ich kann zufrieden sein.“ Das kann und darf der 26-Jährige aus Wuppertal auch. Weltmeister und Weltrekord, das kann ihm keiner nehmen. Aber es hätte halt etwas anderes sein sollen: Die 100 Meter Schmetterling sind eigentlich seine Lieblingsstrecke. In dieser Disziplin galt Rupprath als Europarekordler auch in Barcelona lange Zeit als Mitfavorit. Bis die Konkurrenz kam und der Deutsche nur noch staunen konnte: Binnen zweier Tage schrumpfte der Weltrekord des Australiers Michael Klim von 51,81 auf sensationelle 50,98 Sekunden. Der Amerikaner Ian Crocker blieb als erster Mensch unter 51 Sekunden und Rupprath auf dem fünften Platz mit 51,98 Sekunden die Erkenntnis, dass in Richtung Athen ein steiniger Weg vor ihm liegt.

„Die 100 Meter Schmetterling bleiben meine Hauptstrecke“, sagt der Wuppertaler dennoch und ein bisschen trotzig. Barcelona sei da nur weiterer Ansporn für die Olympischen Spiele, denen er alles unterordnen will, obwohl er schon für die WM „unheimlich viel gearbeitet“ hat. Rupprath weiß auch schon, wie er Crocker und dessen Landsmann Michael Phelps in die Knie zwingen könnte: „Viel Tempo machen auf den ersten 50 Metern“ – das könnte ein Rezept vor allem gegen den „Wunderknaben“ und Serien-Weltrekordler Phelps sein, der die erste Bahn deutlich langsamer angeht als die zweite.

Cheftrainer Ralf Beckmann macht dem nichtolympischen Weltmeister Mut: „Die Zielsetzung Olympiasieg oder Medaille über 100 Meter Schmetterling hat er auf keinen Fall aufgegeben. Er kann und will in Athen in die Medaillenränge schwimmen.“ Das ist die Aufgabe. Und spätestens ab September will Rupprath ackern, ackern, ackern. Denn er weiß, dass er die 100 Meter Schmetterling „kann“ – und sich vor keinem zu verstecken braucht. Auch wenn die Konkurrenz momentan um Welten vorausschwimmt.

Das gilt vor allem für den Amerikaner Michael Phelps, den neuen Wunderjungen der Schwimmszene. Am letzten WM-Tag ließ der 18-Jährige über 400 Meter Lagen seinen dritten WM-Titel folgen – und seinen fünften Weltrekord. Insgesamt wurden in Barcelona 14 neue Bestmarken aufgestellt. Dass das Niveau im Jahr vor Olympia wachsen würde, damit hatte auch Beckmann gerechnet, „aber nicht in dem Maße“. Als „Ritt auf der Rasierklinge“ empfindet er mittlerweile das eigene Bestreben, den Anschluss an die Weltspitze halten zu können. Damit das auch bis Athen so bleibt, will der DSV-Cheftrainer seinen bislang 35 Athleten umfassenden Olympiakader verkleinern, um Zeit und Geld ganz auf potenzielle Medaillenkandidaten verteilen zu können. Thomas Rupprath wird es recht sein. Er kann jede Hilfe gebrauchen.