Mann mit Moral: Lars von Trier

Doch, dieser Lars von Trier kann einem mächtig auf die Nerven gehen. Wenn er in seinen Filmen wieder den Katechismus aufschlägt und voll auf den Solarplexus der großen Themen ballert. Immer geht es um Glaube, Liebe, Hoffnung, mindestens, und bei den Programmpunkten Macht, Leiden, Opfer, Strafe wird auch nicht nachgelassen. Und von der Moral des dänischen Regisseurs will man in seiner aufgeklärten Kleinmütigkeit eigentlich gar nichts wissen. Diese krude Muttertierlogik etwa, mit der Lars von Trier seine Filmheldinnen immer als Opfer auf die Schlachtbank führt, wo sie noch einmal volle Kanne die Leiden Jesu an ihren Körpern abarbeiten müssen. Weil sie zu sehr geliebt haben. Das nervt. Die Filme aber will man ganz unbedingt sehen, gerade weil sie einen nicht kalt lassen. Weil sie einen quälen und an die Nieren gehen schon aufgrund ihrer schieren Schönheit. Wer sonst hätte sich schon dem Thema Todesstrafe in Form eines Musicals angenähert, wie Lars von Trier mit „Dancer in the Dark“, in dem der Regisseur nicht nur seine Hauptdarstellerin Björk zu Tränen reizte. Und dass nach „Breaking the Waves“ mit seinen delirierenden Bildern (Robby Müller sorgte für die wirklich entfesselte Kamera) eine Flut an Wackelbildern über das Kino hereinbrach, ist nun nicht wirklich dem Regisseur anzulasten, der sowieso nie eine Idee wirklich bis zum Letzten ausreizte. Weil sonst müsste Lars von Trier immer noch nach der von ihm losgetretenen Dogma-Schule (mit den Authentizitätsregeln) filmen. Stattdessen hat er mit „Dogville“ gerade wieder die Künstlichkeit des Theaters fürs Kino rehabilitiert. Nun ist im Juli im Filmkunsthaus Babylon eine Werkschau über Lars von Trier zu sehen. Darunter die Folgen seiner fürs Fernsehen produzierten Krankenhaussatire „Kingdom“, zum Auftakt heute (21.30 Uhr) sein erster Langfilm, nach dem sich eine mittlerweile auch berühmte Berliner Band benannte: „The Element of Crime“. TM