Gerichtsurteil gegen Sperranlage

Der oberste israelische Gerichtshof hat dem palästinensischen Dorf Beit Surik Recht gegeben. Teile der Sperranlage bei Jerusalem müssen neu gezogen werden

JERUSALEM taz ■ Der Oberste Gerichtshof in Jerusalem befürwortet grundsätzlich den Bau des Sperrwalls, allerdings nicht dort, wo das Verteidigungsministerium ihn vorsieht. Rund 30 der geplanten 40 Kilometer eines Stücks im nord-westlichen Bereich Jerusalems müssen nach der gestrigen Entscheidung dreier Richter der höchsten Instanz zugunsten der Palästinenser verlegt werden. Von dem fraglichen Teilstück sind erst drei Kilometer errichtet worden, die nun wieder abgerissen werden müssen. Der Bau sei nicht rechtens, begründete der Vorsitzende Richter Aharon Barak: „Den Schaden zu verhindern, der den Palästinensern entstehen würde, ist hier von größerer Bedeutung als ein höheres Sicherheitsniveau.“

Die Dorfverwaltung von Beit Surik war vor das Oberste Gericht gezogen, um die Landenteignung zu verhindern, von der acht arabische Dörfer betroffen gewesen wären. „Die Möglichkeit, von einem Ort zum anderen zu kommen, wird Sondergenehmigungen voraussetzen“, heißt es in der Petition, die „Nutzung lokaler Brunnen wird unmöglich“, ferner würden „tausende Oliven- und Obstbäume gefällt werden“. Von den geplanten Trennanlagen seien 35.000 Menschen betroffen, für die der Zugang zu ihren Ländereien, zu städtischen Zentren, zu medizinischer Versorgung und Schulen erschwert, „wenn nicht komplett versperrt“ werden würde.

Die Richter konzentrierten sich auf die „Proportionalität“ von Sicherheit und Menschenrechtsverletzungen. „Der Schaden, den der Trennzaun anrichtet, beschränkt sich nicht auf das Land der Bewohner oder den Zugang zu dem Land“, heißt es in der Urteilsbegründung. Hier ginge es vielmehr um die „Lebensgrundlage der gesamten Bevölkerung“. Die Richter forderten angesichts der „schweren Verletzung“ der Menschenrechte den verantwortlichen Armeekommandanten zu einer „erneuten Prüfung der Zaunroute“ auf, bei der das „Gleichgewicht zwischen den Sicherheitsnotwendigkeiten und den Bedürfnissen der Anwohner“ berücksichtigt werde.

Der Minister für Innere Sicherheit, Uzi Landau, kritisierte, das Oberste Gericht habe „seine Kompetenz überschritten“ und dürfe nicht „den Bau der Sperranlagen stoppen und damit israelische Zivilisten gefährden“. Justizminister Josef Lapid begrüßte hingegen das Urteil, mit dem er sich persönlich bestätigt fühlt. Schon vor einigen Monaten hatte Lapid die Regierung aufgefordert, die geplante Route zu überdenken. „Hätte die Regierung meinen Plan übernommen, wären wir von diesem Prozess verschont geblieben“, so der Justizminister. Das Urteil in Jerusalem kommt nur gut eine Woche vor der Entscheidung des Internationalen Gerichtshofs in Den Haag in der Anhörung zu den Sperranlagen. Rechtsexperten gehen davon aus, dass der Zeitpunkt der Urteilsverkündung zufällig war und die Entscheidung in Den Haag kaum beeinflussen wird.

SUSANNE KNAUL