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Archiv-Artikel

Aufgeblasene Banker, blasierte Passanten

Die Initiative „Berliner Bankenskandal“ kämpft seit mehr als zwei Jahren um Transparenz und Aufklärung. Doch an den Protestaktionen gegen die Machenschaften der Berliner Bankgesellschaft nimmt kaum noch jemand teil

Harter Wind bläst den Managern der Berliner Bankgesellschaft ins Gesicht, wenn auch nur symbolisch. Vor dem ICC, wo gestern die Hauptversammlung der Berliner Bankgesellschaft abgehalten wurde, hat die Initiative „Berliner Bankenskandal“ einen vier Meter hohen aufgeblasenen Banker aufgestellt, den kräftige Windböen ins Schwanken brachten. Die Zigarre im Mund, mit Schärpen und Orden behängt soll er bildhaft das Dilemma des Bankenskandals aufzeigen: die fortdauernde Komplizenschaft zwischen Bankmanagern und Politikern.

Um auch die realen Akteure des Skandals unter Druck zu setzen, haben mehrere Mitglieder der Initiative Aktien der Bankgesellschaft erworben, um auf der Aktionärsversammlung ihre Kritik äußern zu können. Unterstützt werden sie vor der Tür des ICC von weniger als einem Dutzend Demonstranten, die fleißig Infomaterial an die vorbeieilenden Passanten verteilen. „Der Geschäftsbericht des Jahres 2003 ist eine Katastrophe, reine Schönfärberei“, sagt Anne Trinks, Mitarbeiterin der Initiative am Infotisch. „Der ganze Skandal ist ein nicht enden wollendes Siechtum, über das Politiker auch noch schützend ihre Hand halten.“ Noch immer würden die tatsächlichen Risiken der Bankgesellschaft verschleiert und die Vorstände entlastet.

Während mehr als der Hälfte der Angestellten der Bankgesellschaft bis zum Jahr 2006 die Entlassung droht, werden die Gehälter von Vorständen und Aufsichtsräten im gleichen Zeitraum um fast 7 Prozent erhöht. Für Ursula Peters, ebenfalls Mitglied der Initiative, „ein perfektes Beispiel dafür, wie sich Reiche bereichern, während in dieser Stadt Kita- und Studienplätze gestrichen und Fördergelder für soziale Projekte gekürzt werden“.

Seit zwei Jahren bemüht sich die Initiative „Berliner Bankenskandal“ um Aufklärung der Korruptionsvorgänge und erarbeitet Lösungen zur Schadensminimierung. Doch das Interesse der Bürger lässt nach: Am Grunewaldspaziergang zu den Villen von Profiteuren der umstrittenen Immobilienfonds hatten vor zwei Jahren noch 1.500 Berliner teilgenommen, an den Infotisch vor dem ICC verirrten sich gestern nur wenige.

„Vielen ist vielleicht das Ausmaß dieser Finanzkatastrophe nicht bewusst und wie sehr es jeden Einzelnen tatsächlich betrifft“, sagt Karl-Heinz Möller. Der Initiative steht noch einiges an Mobilisierungsarbeit bevor: Sollte das Landesverfassungsgericht Ende des Jahres den Senat dazu auffordern, das von der Initiative organisierte Volksbegehren zur Auflösung der Bankgesellschaft zuzulassen, müssen innerhalb von zwei Monaten mindestens 250.00 Stimmen zusammenkommen. ALENA SCHRÖDER