: Weniger Stütze
Die neuen Regeln zum Arbeitslosengeld II
BERLIN taz ■ Das Gesetz zum Arbeitslosengeld II soll im Juli nächsten Jahres in Kraft treten. Es soll jedoch eine Übergangszeit für „Bestandsfälle“ bis zum Dezember nächsten Jahres geben. Folgendes ist vorgesehen:
Berechtigte: Alle erwerbsfähigen Langzeitarbeitslosen, die nicht oder nicht mehr Anspruch auf das normale Arbeitslosengeld haben, sollen künftig das neue Arbeitslosengeld II (Alg II) bekommen. Als erwerbsfähig gilt, wer mindestens drei Stunden am Tag arbeiten kann. Auch Mütter mit kleinen Kindern gelten als erwerbsfähig und bekommen das neue Alg II. Wenn sie keine Betreuung für ihre Kinder finden, können sie aber nicht zur Annahme eines Jobs gezwungen werden. Wer Alg II erhält, für den zahlen die Ämter in die Renten- und Krankenversicherung ein, das ist eine Verbesserung für die erwerbsfähigen bisherigen Sozialhilfeempfänger.
Bei der Berechnung des Alg II wird das Einkommen des Partners nach den Regeln der heutigen Sozialhilfe, also sehr streng, angerechnet. Verdient in einer kinderlosen Ehe der Partner beispielsweise 1.100 Euro netto, bekommt die arbeitslose Frau kein Alg II. Hunderttausende von bisherigen Arbeitslosenhilfe-EmpfängerInnen fallen damit aus der Leistung.
Wer nicht erwerbsfähig ist, also etwa Alte und Behinderte, erhält nach wie vor Sozialhilfe in bisheriger Höhe, die aber dann „Sozialgeld“ heißt.
Höhe des Arbeitslosengeldes II: Das Alg II richtet sich nach der Bedürftigkeit, also auch der Anzahl der Kinder, und liegt in Höhe der bisherigen Sozialhilfe. Es wird eine monatliche Regelleistung gewährt, außerdem werden „angemessene“ Wohnkosten übernommen. Ein Alleinstehender bekommt in den alten Bundesländern einschließlich Berlin eine Regelleistung von monatlich 297 Euro, in den neuen Bundesländern 285 Euro plus Wohnkosten und Pauschalen für Bekleidung und Hausrat.
Wer aus dem normalen Arbeitslosengeld, künftig Arbeitslosengeld I genannt, in das Arbeitslosengeld II rutscht, bekommt für zwei Jahre noch Zuschläge, die den Abstieg abfedern.
Anrechnung von Vermögen: Wer Alg II bekommt, darf nur Vermögen in Höhe von 200 Euro pro Lebensjahr, maximal 13.000 Euro behalten. Nicht angerechnet werden ein selbst bewohntes „angemessenes“ Häuschen oder Eigentumswohnung und ein mittlerer Pkw. Laut Gesetzentwurf soll auch das staatlich geförderte Vermögen zur Altersvorsorge, sprich Riester-Rente, nicht angerechnet werden. Lebensversicherungen müssten demnach von Alg-II-Empfängern verwertet werden.
Hinzuverdienst: Ein Alleinstehender darf im Westen bis zu 163 Euro anrechnungsfrei zum Alg II hinzuverdienen. In einer dreiköpfigen Familie gilt ein Freibetrag von 208 Euro (West) beziehungsweise 200 Euro (Ost).
Kinderzuschlag: Wer mit seinem Erwerbseinkommen unter dem liegt, was er mitsamt der Familie im Falle der Joblosigkeit an Alg II erhalten würde, hat künftig Anspruch auf einen Kinderzuschlag von monatlich bis zu 140 Euro pro Kind (siehe Interview).
Zumutbarkeit: Die Bezieher von Alg II müssen künftig jedes Jobangebot, ungeachtet der Bezahlung, annehmen. Sonst wird die Leistung um 30 Prozent gekürzt. Allen Empfängern unter 25 Jahren sollen Job- oder Maßnahmeangebote unterbreitet werden. Weigern sich die jungen Empfänger, soll die Leistung gleich gestrichen werden. „Das ist verfassungsmäßig aber wohl nicht haltbar“, kritisiert Markus Kurth, sozialpolitischer Sprecher der Grünen.
BARBARA DRIBBUSCH